Sehr geehrter Herr K.

Sehr geehrter Herr K.

Ihren Bericht an die BVK habe ich damals im Herbst überflogen und jetzt erst richtig gelesen. Auch auf Anraten eines meiner Internisten schreibe ich Ihnen hier unsere Meinung dazu:

Der Bericht ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich haarsträubend. Auf den 20 Seiten wiederholen Sie sich vier-, fünf-, sechsmal wortwörtlich über mehrere Zeilen hinweg. Sie machen ausser bei Titeln/Untertiteln keine Abschnitte sowie sprachliche Fehler, die eines solchen Berichtes absolut unwürdig sind:

«Spüren» schreiben Sie mehrfach mit «h». Ob es daran liegt, dass Sie auch die Bedeutung des Wortes nicht zu verstehen scheinen, entzieht sich meiner Kenntnis. Nominalisierte Verben müssten grossgeschrieben werden, zum Teil fehlen Punkte und andere Satzzeichen, Wörter stehen doppelt, und Sie schreiben viermal «mit den Kinder». Der Dativ lässt grüssen… Oder der Nominativ war dem Dativ sein Tod.

Viel schlimmer noch als die sprachlichen Unzulänglichkeiten und diejenigen bezüglich Layout sind die inhaltlichen Fehler. Und Sie haben recht mit dem, was Sie ebenfalls mehrmals erwähnen und ständig wiederholen: Ich habe tatsächlich «Beobachter»-Ratgeber gelesen und bin mit dem «Beobachter» in Kontakt zu dem Thema.

Aus gesundheitlichen Gründen bin ich damit leider in Verzug geraten, aber jetzt mache ich vorwärts und hoffe, dass die drei Autoimmunerkrankungen, die Sie zum Teil falsch beschreiben und nicht zu kennen scheinen (Aussage eines mich behandelnden Arztes), mir dabei keinen Strich durch die Rechnung ziehen.

Die schlimmste Behauptung in Ihrem 20-seitigen Roman, dessen relevante Angaben auf zwei Seiten Platz gehabt hätten (Aussage einer mich behandelnden Ärztin), ist folgende: «Frau E. holte sich weiterhin jeweils das Arbeitsunfähigkeitszeugnis bei der Hausärztin ab. Sie machte die oben beschriebenen multiplen Störungen geltend, …»

Was für eine Anmassung. Was für ein Hohn. Ich holte das Zeugnis jeweils nicht ab, sondern ging jedes Mal zu Frau W. in die Sprechstunde, und ich machte auch keine Störungen geltend, sondern war nach dem langen und heftigen Schub einer meiner Erkrankungen sowie dem Therapieversagen total erschöpft, ausgelaugt und verzweifelt.

So etwas gibt es bei Vertrauensärzten, die im Namen und im Interesse von Versicherungen, die nicht bezahlen wollen, arbeiten, natürlich nicht: Ihre Schlussfolgerungen mit den 50% im September 2016 und mit den 100% nach den Herbstferien im Oktober 2016 waren vollkommen daneben.

Aus dem Grund schrieb Frau W. mich bis und mit Ende Februar 2017 zu 100% arbeitsunfähig. Trotzdem hat mich Ihr undifferenziert und empathielos wirkendes Schreiben auf der menschlichen Ebene «verletzt», aber in diesem Bereich kommt man bei Ihnen nicht an. Das habe ich sofort gespürt (oder gespührt?), und das (sowie meine Arbeitsunfähigkeit bis und mit Ende Februar 2017) bestätigten sämtliche involvierten Ärzte und Ärztinnen: solche, denen es um das Wohlergehen der Patienten und Patientinnen geht; solche, die sich für die Gesundheit von kranken oder verletzten Menschen einsetzen; solche, die ihren Beruf aus Liebe zur Medizin und aus Liebe zu den Menschen gelernt haben.

Die Intensität der von mir angegebenen Gelenkschmerzen zweifeln Sie an: «…, was aufgrund der klinisch völlig unauffälligen Gelenke, abgesehen von … und der oben erwähnten möglichen …, nicht nachvollziehbar oder erklärbar ist.» – (Dann machen Sie nicht einmal einen Punkt, geschweige denn einen Abschnitt, und fahren mit einem neuen Thema weiter…) – Haben SIE denn meine Schmerzen? Und wissen Sie, dass der Rheumatologe sehr wohl Auffälligkeiten festgestellt hat?

Er hat sich bei den Untersuchungen einfach mehr Zeit genommen, mehr Mühe gegeben und sie sorgfältiger durchgeführt als Sie. Und er ist nicht nur fachlich, sondern auch menschlich kompetent. So, wie meine Hausärztin; so, wie meine Internisten; so, wie mein Dermatologe.

Wie kommen Sie dazu, nach ein paar wenigen Minuten medizinischer Begutachtung, wie Sie Ihr Vorgehen nennen, über die Intensität meiner Schmerzen zu urteilen? Warum übersähen Sie Ihre diesbezüglichen Ausführungen mit Fremdwörtern und Fachausdrücken? Damit es wissenschaftlich und seriös tönt? Und die Lesenden nicht wissen, dass Sie von Ihrem dreistündigen Verhör lediglich ein paar wenige Minuten für Untersuchungen eingesetzt hatten? Die ganz gezielt zu nichts Auffälligem führten…

Verhör, ja. X-mal wiederholen Sie, dass Frau E. dies als Verhör empfand und den Untersuch für eine Zumutung hielt. Für eine Zumutung hielt ich ihn gar nicht. Aber für vollkommen nutz- und sinnlos, für überflüssig. Wissen Sie, was einer meiner Internisten gesagt hat? Hier, wörtlich: «Sie haben eine schwere, organische Erkrankung. Warum mussten Sie überhaupt zu diesem Herrn K. gehen? Ich verstehe das nicht.»

Ja genau, wir verstanden das alle nicht. Doch für Sie ist ja alles halb so «wild», wenn überhaupt. Sie wiederholen x-mal meine Aussage, ich hätte viel durchgemacht. Sie wiederholen es jedes Mal (wie überhaupt fast alles) im Konjunktiv: Frau E. habe, habe, habe…, sei, sei, sei…, könne, wolle oder würde. So tönt es so richtig nach «alles nur erfunden, alles eingebildet», nicht? Warum haben Sie nicht den Indikativ verwendet? Warum haben Sie nicht geschrieben, was Sache war und wie es mir wirklich ging?

Weil Sie es nicht wussten, weil Sie meine Akten nicht studiert hatten, weil Sie meine Hausärztin zwei Tage vor meinem Besuch angerufen und sie gefragt hatten, was ich denn hätte und warum sie mich krankgeschrieben habe, weil Sie sich überhaupt nicht in andere Menschen einfühlen wollen und/oder können, weil Ihre Resultate mehr oder weniger zum Vornherein feststehen, weil Sie alles andere als unabhängig sind…

Was Sie in den paar wenigen Minuten Ihrer Untersuchungen alles entdeckt, gemessen, analysiert und interpretiert haben wollen, ist äusserst beeindruckend und grenzt ans Übermenschliche. Wir können es kaum glauben, was Ihnen in dieser kurzen Zeit alles klargeworden ist und wie viele griechische und lateinische Fremdwörter Ihnen dazu einfallen.

Immerhin habe ich zwei neue Adjektive von Ihnen gelernt: mnestisch und dysphorisch. Sie haben bei mir also keine mnestischen Störungen festgestellt. Habe ich Ihnen denn je gesagt, dass diese im Stundentakt (oder im Dreistundentakt) auftreten? Nein, habe ich nicht. Und haben Sie sich einmal überlegt, wie verletzend Ihre Abwertungen sind? Gerade im Bereich des Gedächtnisses, der Identität…?

Es war für mich schlimmer als alles andere, Gedächtnisstörungen festzustellen und Handlungsblockaden zu haben. Aber alles, was Ihnen dazu einfällt, ist x-mal zu schreiben, dass Sie davon nichts bemerkt hätten, dass Frau E. jedoch solche beklage…

Ich beklage gar nichts. Ich beklage mich überhaupt nicht. Ich bin stark, und schlimm für mich sind nicht meine Erkrankungen; schlimm sind Leute wie Sie, die nur darauf aus sind, sämtliche Beschwerden, Beeinträchtigungen und Schmerzen zu bagatellisieren. Kennen Sie «Der Mensch erscheint im Holozän» von Max Frisch? Dort können Sie die unermessliche Angst, die aufkommen kann, wenn das Gedächtnis einen im Stich lässt, nachlesen. Vielleicht schafft es ja Max Frisch, Sie zum Nachdenken zu bringen.

Ich hätte wenig Blut verloren, schreiben Sie. – Ja echt jetzt? Soll ich darüber lachen oder weinen? Ich habe viel Blut verloren, immer und immer wieder. Zu Hause, unterwegs, am Arbeitsplatz. – Meine Krankheit schätzen Sie vollkommen falsch ein, und vor allem scheinen Sie nicht kapiert zu haben, dass ich nicht nur die Krankheit, über die Sie am ausführlichsten, wenn auch oft falsch, berichten, habe, sondern zwei weitere. Sie haben mich GENÖTIGT, Ihnen die beiden anderen Diagnosen mitzuteilen und machen sich im Bericht indirekt fast darüber lustig:

«Frau E. möchte darüber nur mit einer Frau sprechen.» X-mal. – NEIN, wissen Sie was? Ich kann darüber auch mit Männern sprechen, kann Sie als Arzt jedoch nicht ernst nehmen. Sie haben nicht einmal gemerkt, dass ich auch noch an einer anderen Erkrankung leide und dass Ihre NÖTIGUNG mich so weit brachte, mal zu schauen, was Sie wissen und wie Sie reagieren. Meine dysphorische Stimmungslage bei Ihnen dürfte wohl darauf zurückzuführen sein. Haben Sie etwa erwartet, dass ich euphorisch bei Ihnen erscheinen würde?

Ich hätte diffus geantwortet, schreiben Sie. Gleichzeitig stellen Sie aber keine mnestischen Störungen fest. Hmm…, so lässt das diffuse Antworten sich natürlich gut als Absicht, mangelnde Kooperation oder sogar als Hinweis auf Scheininvalidität oder Sozialschmarotzertum – Christoph Blocher lässt grüssen (!) – deuten.

Ehrlich gesagt, wirkten Sie auf mich von Anfang an am menschlichen Schicksal uninteressiert, uninformiert und empathielos, und ich konnte gar nicht mehr richtig antworten. Es war so klar, worauf Sie hinauswollten, und ich spürte Sie als Mensch so überhaupt nicht, dass ich gar nicht anders konnte, obschon ich durchaus gewollt hätte.

Zudem stellten Sie mir die gleichen Fragen zwei-, drei-, viermal und verwechselten Jahreszahlen, Daten und Dosierungen (2,5 Mg Kortison; ich muss jetzt noch darüber lachen…!), sodass ich Ihre Aussagen und vor allem Ihre Fragen als mindestens ebenso diffus empfunden haben muss wie Sie meine Antworten.

«Sie hatten da ja einmal ein bisschen wenig Blut.», meinten Sie, um noch eines von zahlreichen Beispielen zu nennen. Ja, so kann man es auch ausdrücken. Ich hatte sehr wenig Blut, weil ich sehr viel Blut verloren hatte, und es ging mir im Juni 2016 – entgegen Ihrer Aussage – überhaupt nicht gut, auch wenn die Werte sich einigermassen erholt hatten:

Glauben Sie tatsächlich, dass diese Zahlen alles aussagen? Können Sie sich tatsächlich nicht vorstellen, dass solche schlechten Werte, wie ich sie hatte, noch viel mehr durcheinanderbringen und die Folgen deutlich länger andauern?

Mein Gewicht haben Sie aufgerundet, obschon ich mit den Kleidern auf der Waage stand. Logisch… Interessanterweise war ich noch nie so schwer wie bei Ihnen. Im Bericht beschreiben Sie mich als «normalgewichtige 43-Jährige in gutem Allgemeinzustand». «Normalgewichtig» suggeriert eine andere Figur als meine, und «guter Allgemeinzustand» wäre damals an Zynismus kaum zu überbieten gewesen.

In den paar Minuten Ihres Untersuchs haben Sie verschiedene Übungen zu neurologischen Abklärungen mit mir gemacht. Warum eigentlich? Hat irgendjemand behauptet, ich hätte eine neurologische Erkrankung? Oder eignen sie sich einfach besonders gut, um keine Auffälligkeiten festzustellen – wie Sie ja geschrieben haben – und um kranke Menschen gesundzuschreiben? Und was haben die Stellung meiner Finger, die Abstände zwischen den Fingern, meine Zähne, etc., etc., etc. mit allem zu tun? Füllt noch eine zusätzliche Seite und führt zu nichts Auffälligem. Darum ging es ja in erster Linie. Zeit füllen, Seiten füllen. Wortwörtliche Wiederholungen über mehrere Zeilen hinweg immer wieder.

Ich sei nicht beim Rheumatologen und auch nicht beim Augenarzt gewesen…, schreiben Sie weiter. Das tut mir wirklich leid; es ging mir einfach zu schlecht, um auch noch zu diesen Spezialisten zu gehen. Haben Sie sich vielleicht einmal überlegt, wie viele Arzttermine ich schon gehabt habe? Ich weiss es selbst nicht und möchte es gar nicht wissen…

Inzwischen habe ich aber beides nachgeholt. Im Gegensatz zu Ihnen kann der Rheumatologe meine Schmerzen nachvollziehen (wie seltsam…), und die Augenärztin meinte, es wäre beinahe gefährlich geworden: Ich hatte übrigens im Oktober 2016, wo Sie mir eine 100%-ige Arbeitsfähigkeit attestieren wollten, eine vierwöchige Augenentzündung (Konjunktivitis, Skleritis, beinahe wäre noch eine Uveitis daraus geworden) und hätte nicht arbeiten können.

Und wissen Sie, was? Ich habe immer gerne und immer viel gearbeitet. Mit 25 hatte ich mein Lizentiat. Die Noten waren nicht einmal so schlecht, um es bescheiden auszudrücken. Glauben Sie, dies sei auf Dumm- und Faulheit zurückzuführen? Sie haben mich als Person überhaupt nicht wahrgenommen, nicht erkannt. Weil Sie ein anderes Ziel verfolgten – von Anfang an.

Warum haben Sie das unterdrückte Immunsystem mit keinem einzigen Wort erwähnt? Die deutlich erhöhte Anfälligkeit für Infektionen? Die schwerer verlaufenden und länger dauernden Infektionen? Können Sie sich vorstellen, wie oft ich im Winter krank war? Also krank im konventionellen Sinn? Gesund bin ich ja eigentlich nie, obschon Sie das natürlich anders sehen und über die sogenannte Remission (Es war übrigens keine, jedenfalls keine stabile!) schreiben, alles sei in Ordnung. Was soll ich dazu sagen?

Nichts, ausser: Die Aussage ist schlicht falsch. Lieber zitiere ich noch einmal einen meiner Internisten: «Der Bericht wurde in Unkenntnis der Erkrankung verfasst.» Starkes Stück, nicht? Leider, leider wahr…, und am schlimmsten für mich. Kannten Sie mich vor dem 25. August 2016? Haben Sie mich danach noch jemals gesehen? Wissen Sie, wie es mir im Januar 2017 ging? Nein…, und besser so.

Warum schreiben Sie x-mal, ich hätte die Therapie mit «Imurek» verweigert? Genügt es nicht, wenn Sie dies einmal erwähnen würden? Und können Sie sich vorstellen, warum ich sie nicht beginnen wollte?

Nein, Sie haben bei mir ja keine Hautveränderungen festgestellt…, auch keinen Haarausfall, oder? Trockene und aufgerissene Lippen sind nicht der Rede wert, ich weiss schon, vor allem nebst den zahlreichen anderen Beschwerden und Einschränkungen, die gewisse Erkrankungen so mit sich bringen… Oder können Sie sich eventuell vorstellen, dass ich Angst vor der erhöhten Tumorbildung hatte? (Ich habe zwei Kinder, und ich liebe das Leben so oder so, ob ich Mutter bin oder nicht. Aber das zählt für Sie ja alles nicht, und Sie stellen mich in dem Bericht so richtig, richtig blöd hin.)

Was Sie interessieren könnte: Im Januar 2017 musste ich kapitulieren und die «Imurek»-Therapie beginnen. So viel zu Ihrer zu 100% attestierten Arbeitsfähigkeit! (Gut, Sie konnten natürlich nicht ahnen, dass ich am 14. Dezember 2016 einen Unfall haben würde und dass dieser gleich wieder einen Krankheitsschub auslösen würde…; tönt bestimmt verdächtig, nicht?)

Von der Müdigkeit, die chronische Erkrankungen oft verursachen und Kortisontherapien noch verstärken, sodass ich oft nicht mehr wusste, wie ich den Tag «überleben» sollte, scheinen Sie leider ebenfalls keine Ahnung zu haben. Das gönne ich Ihnen. Das gönne ich jedem und jeder. Aber mit welcher Gleichgültigkeit Sie darüber berichten, ist viel schlimmer als ein Schlag ins Gesicht. Sie schreiben, dass mit Absetzen des Kortisons Ende August 2016 diese Nebenwirkung hinfällig werden sollte.

Ich bin übrigens letztes Jahr auch auf den Mond geflogen; wollte Ihnen dies nur nicht sagen. Nur um den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussage aufzuzeigen: Er entspricht demjenigen meiner Mondreise. Unter massiven Schlafstörungen litt ich noch fünfeinhalb Monate über das Therapieende hinaus; erst eine schwere Infektion Ende Januar 2017 schwächte sie ab.

Die Müdigkeit sei multifaktoriell bedingt, schreiben Sie. Wiederum beeindruckend, wie Sie das alles in drei Stunden herausgefunden haben. Was sind denn die multiplen Faktoren? Warum benennen Sie sie nicht? Machen Sie doch nicht alles so kompliziert; wenn schon, müsste die Geschichte ja «nur» für mich kompliziert sein. Wenn die Müdigkeit multifaktoriell bedingt wäre, hätte ich sie doch schon vor Ausbruch der Erkrankungen und vor den Kortisontherapien haben müssen, oder?

Und übrigens: Die Müdigkeit, die gewisse chronische Krankheiten verursachen, ist ungleich viel grösser, umfassender und erschlagender als irgendeine andere Form von Müdigkeit – und ich kenne sie alle, glauben Sie mir.

Wie kommen Sie dazu, etwas über meinen Arbeitsplatz zu schreiben? Was wissen Sie denn darüber? Warum nehmen Sie das, was der Arbeitgeber schreibt, für bare Münze, und das, was ich Ihnen dazu erzähle, nicht ernst? Wissen Sie, dass die Kollegin, die mich «mobbte» und die wahrscheinlich für den Ausbruch des ungewöhnlich langen und heftigen Schubs mitverantwortlich ist, mit fast allen einmal, mehrere Male oder immer wieder Probleme hatte/hat und dass sie sich gezielt ihre «Opfer» aussucht, dass sie in den Augen der meisten Kollegen und Kolleginnen eine schwierige, neidische und falsche Person ist, die dann noch eine zweite, mit der sie früher auch einmal eine Art «Zickenkrieg» geführt hatte, ins Boot holte? Kennen Sie sie? Warum nehmen Sie sie und ihr hässliches Verhalten nicht genauer unter die Lupe? Weil es so viel einfacher ist, den «Opfern» die Schuld in die Schuhe zu schieben. So viel bequemer. So viel feiger aber auch:

In dieser Art läuft es oft und ich durchschaue diese sowie andere Strategien zum Glück längst. Wenn jemand sich immer wieder und an mehreren Orten als «Mobbing»-Opfer sieht, muss man vielleicht wirklich hinschauen, wie die «Rollen verteilt» sind und wer was dazu beiträgt. Aber nicht, wenn der Fall einmalig und eindeutig ist. Das wissen viele; etliche Schriftlichkeiten dazu existieren. Es zuzugeben, bräuchte aber Zivilcourage.

Warum schreiben Sie und wiederholen x-mal, dass ich zur Untersuchung ein paar Minuten zu spät erschienen sei? Ist das relevant? Oder kommt es einfach sehr gelegen, um mich in ein schlechtes/falsches Licht zu rücken? Haben Sie sich überlegt, warum ich ein paar Minuten zu spät kam? Könnte vielleicht der Zug Verspätung gehabt haben? («Frau E. fährt alleine mit dem öffentlichen Verkehr zum Untersuch nach A.», schreiben Sie ja selbst, obschon die Relevanz der Aussage in einem solchen Bericht nicht unbedingt einleuchtet. «Alleine»? Wow!) Oder könnten vielleicht gesundheitliche Gründe für die eigentlich nicht der Rede werte Verspätung verantwortlich gewesen sein? Haben Sie sich dazu Gedanken gemacht?

Soll ich Ihnen einen kleinen Tip geben? Der Zug hatte keine Verspätung. Aber ich hatte so starke Bauch- und Rückenschmerzen, dass ich nicht schnell gehen konnte. Da staunen Sie jetzt, oder? Schreiben Sie doch in Ihrem Bericht, ich hätte nicht schmerzgeplagt gewirkt. Haben Sie schon einmal etwas von Schmerzmitteln gehört? Haben Sie daran gedacht, dass ich vielleicht auf der Treppe zu ihrer Praxis solche genommen haben könnte? Und wenn ich keine genommen hätte: Haben Sie sich einmal überlegt, dass ich vielleicht total gut im Überspielen und Überdecken von Schmerzen bin?

Weil ich es gelernt habe in den vielen Jahren? Weil mir nichts anderes übrigblieb? Weil ich am Arbeitsplatz oft anwesend war, als ich eigentlich krankgeschrieben gewesen wäre? Weil ich zwei Kinder spontan und natürlich und ohne jegliche Schmerzmittel geboren habe? Ich glaube, mit Schmerzen und dem Umgang damit kenne ich mich sehr gut aus, und Ihr Bericht lässt mich vermuten, dass ich mich damit viel besser auskenne als Leute, die solch menschenverachtende Berichte verfassen können.

Warum wiederholen Sie x-mal, dass ich einen Blog beginnen, ein Buch daraus erstellen und auch anderweitig an die Öffentlichkeit gehen möchte? Ist das wichtig für diesen Bericht? – Nein, ist es nicht. Sie hätten es kein einziges Mal erwähnen müssen, schreiben es aber – wie alles, was irgendwie gegen mich ausgelegt werden könnte – x-mal hin. Sie kennen mich nicht, nach Ihrem fast dreistündigen Verhör samt Nötigung und den wenigen Minuten medizinischer Begutachtung genau so wenig, wie Sie mich zuvor kannten. Wenn Sie mich nämlich auch nur ein bisschen durchschaut hätten, hätten Sie gemerkt, dass ich das, was ich sage, ernst meine und durchziehe.

Die Dauer der Krankheitsschübe geben Sie auf mehrere Wochen als mögliches Maximum an. Das ist falsch: Die Schübe können – wie in meinem Fall – mehrere Monate dauern, acht Monate zum Beispiel, um noch einmal meinen eigenen Fall anzuführen. Sie können aber auch noch länger dauern, ein Jahr zum Beispiel. Es gibt auch Menschen, die gar nie mehr in eine Remission kommen.

Warum erwähnen Sie das alles nicht? Warum stellen Sie meinen achtmonatigen Schub mehrfach als «protrahiert» dar (Zum Glück war ich in Latein so gut…!), als ob er etwas Aussergewöhnliches und damit Suspektes gewesen wäre? Warum behaupten Sie in Ihrem Bericht, dass Nebenwirkungen mit Absetzen des Medikaments sofort abklängen?

Das stimmt überhaupt nicht. Haben Sie noch nie etwas von Nachwirkungen gehört? Und dass diese lange, heftig und einschneidend sein können? Oder Sie wollen bzw. dürfen einfach nicht… Das wäre dem Profit der Versicherungen bestimmt äusserst abträglich.

Wissen Sie, dass ich nicht erst ab 1. Februar 2016, sondern bereits im Dezember 2015 krankgeschrieben gewesen wäre? Und alles der Schule zuliebe (Semesterende, Notenabgabe, Notenkonvente, …) durchzog? Wissen Sie, dass ich mehrere Male krankgeschrieben war, nichts davon erwähnte und wie gewohnt zur Arbeit ging? Wissen Sie, dass ich mich, bis ich 37½ war, nicht einmal getraut hatte, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und am Arbeitsplatz anzurufen, wenn ich krank war? Wissen Sie, dass ich mich darauf freue, wieder zu arbeiten? Können Sie sich dies vorstellen?

Und wenn ich schon beim Thema bin: Warum schreiben Sie mehrfach, ich könne meinen angestammten Beruf als Berufs- und Kantonsschullehrerin problemlos ausüben? Denken Sie, chronische und schubweise verlaufende Erkrankungen halten sich an Stundenpläne und Schulglocken? Warum gestehen Sie mir nicht zu, dass ich besser in einem Job arbeiten sollte, wo die Arbeitszeiten etwas flexibler sind? Warum gestehen Sie mir nicht zu, dass ich gerne als Journalistin arbeiten würde, weil Schreiben eine meiner Leidenschaften und Begabungen ist? Warum beschreiben Sie das Berufsprofil einer Lehrerin/eines Lehrers so oberflächlich? Warum sind die mich behandelnden Ärzte und Ärztinnen, denen es um das Wohlergehen ihrer Patienten und Patientinnen geht, sich einig, dass mein angestammter Beruf in dieser Situation eher ungünstig ist? Warum sehen Sie das anders?

Ihr Bericht lässt vermuten, dass es Ihnen fast schon Freude macht, Menschen, die krank oder verletzt sind, «in die Pfanne zu hauen». Zumindest lässt er eine grosse, grosse Gleichgültigkeit dem menschlichen Schicksal gegenüber spüren.

Warum wiederholen Sie x-mal meine Aussage, ich bräuchte Erholung? Was bezwecken Sie mit dem mehrfachen Wiederholen solcher Aussagen? Können Sie auch nur ein kleines bisschen nachvollziehen, warum ich Erholung brauchte und eigentlich immer noch brauche? Wenn Sie auch nur eine vage Ahnung von meinen Erkrankungen hätten, wären Ihnen das Bedürfnis und der Wunsch nach Erholung klar. So aber stellen Sie mich dar, als ob ich einfach gerne noch mehr bezahlten Urlaub gemacht hätte. Mit bezahltem Urlaub hat der ganze Schrott, den ich erlebt habe (Ich schreibe absichtlich nicht «durchgemacht», sonst müssen Sie es nachher wieder zehnfach zitieren…), nichts zu tun, gar nichts.

Warum schreiben Sie, ich hätte keine Bauchschmerzen gehabt? Ich hatte starke Schmerzen, nicht nur in der Bauch-, sondern auch in der Rückengegend und an anderen Orten. Was können Sie denn über meine Schmerzen urteilen?

Warum erwähnen Sie, dass der Besuch bei Ihnen auf meinen Wunsch hin vom 24. auf den 25. August verschoben werden musste? Spielt das eine Rolle? Es handelte sich um einen einzigen Tag. Wenn es sich nämlich um einen Monat oder auch nur um zwei Wochen gehandelt hätte, könnte ich die Erwähnung eher nachvollziehen… Warum schreiben Sie «wegen Organisation der Kinderbetreuung»? Ist das relevant?

Und ich weihe Sie gleich noch in ein Geheimnis ein: Es war NICHT wegen Organisation der Kinderbetreuung. Es war aus einem anderen Grund: Ich wollte den Mittwochnachmittag mit den Kindern (n!) verbringen und zu Ihnen kommen, wenn sie in der Schule sind. – Sehr verwerflich, ich weiss schon… Das müssen Sie jetzt gleich in Ihrem Bericht ergänzen; dann rückt er mich in ein noch schlechteres und damit falscheres Licht. – Egal… Der Nachmittag mit den Kindern (n!) war nämlich entspannend und erholsam. Im krassen Gegensatz zum Besuch bei Ihnen.

Frau E. gehe schwimmen und velofahren und habe in den Sommerferien relaxen können, schreiben Sie. Wer hat Ihnen das denn erzählt? Also ich war es nicht. Ich war weder schwimmen noch velofahren (Ich hab nicht mal ein Velo!), und der Ausdruck «relaxen» ist im Zusammenhang mit schweren, chronischen Erkrankungen ziemlich höhnisch. (Aber das müssen Sie jetzt nicht gleich wieder zitieren; so, wie Sie es mit «blanker Hohn» in anderem Zusammenhang getan haben…) Wenn Sie um meine Kondition und damit stückweise um meine körperliche Verfassung Bescheid wüssten, würden Sie das Wort «relaxen» nicht einmal denken, geschweige denn so unreflektiert hinschreiben.

Ebenfalls unreflektiert erscheint Ihre Aussage, ich sei inhaltlich an meine Erkrankungen und an die Nebenwirkungen behaftet gewesen. Wozu bin ich denn zu Ihnen gekommen? Wozu musste ich mich denn von Ihnen ausfragen und ausquetschen lassen? Um über Musik zu sprechen? Über Konzerte? Über Chris de Burgh? Über Lesen, Schreiben, Kochen oder Backen? Über unsere Kinder und die Unternehmungen mit ihnen? Über das Ausgehen mit Freundinnen? Kunst? Malerei? Meine Querflöte oder unser Klavier? Über meine Bücher? Das hätten Sie ja sowieso alles zu meinen Ungunsten ausgelegt; so, wie Sie das Reden über die Erkrankungen und die Nebenwirkungen zu meinen Ungunsten auslegten.

Was für eine paradoxe Situation: Was auch immer ich sagte oder gesagt hätte, worüber auch immer ich sprach oder gesprochen hätte; es wurde zu meinen Ungunsten ausgelegt/wäre zu meinen Ungunsten ausgelegt worden. Aus dem Grund mussten Sie auch x-mal wiederholen, was ich in einem Ratgeber des «Beobachters» gelesen hätte. Ist das wirklich relevant für ein medizinisches Gutachten? Oder rückt es mich einfach ins Licht der «unangenehmen Rebellin»? Des «enfant terrible», das ich manchmal ganz gerne bin?

«Leiden aus subjektiver Sicht» mag wohl ein vorgegebener Titel bzw. Untertitel in solchen Gutachten sein. Aber der Ausdruck öffnet Tür und Tor für lange Ausführungen, die ganz klar die Tendenz zeigen, sämtliche Beschwerden, Schmerzen und Beeinträchtigungen zu bagatellisieren, nach Möglichkeit auch ein bisschen zu manipulieren und alles, was der Patient oder die Patientin sagt, als eben «subjektiv» darzustellen.

Eigentlich stimmt es ja: Nur der Patient oder die Patientin weiss, wie es wirklich ist, mit dem, was er oder sie hat, zu leben. Aber in Ihrem Gutachten wird der Ausdruck «subjektiv» dazu missbraucht, die Krankheiten, die Krankheitsschübe sowie die Nebenwirkungen gewisser Medikamente als «eigentlich gar nicht so schlimm» auszulegen:

Es ist für mich an dieser Stelle sehr schwierig, sämtlichen Gutachtern, die sich auf dieses geld- und profitgierige sowie menschenverachtende Spiel einlassen, nicht auch einmal sämtliche Symptome sämtlicher von ihnen beschönigter Krankheiten zu wünschen. Nur für ein paar Wochen, das würde reichen. Den Rest nehmen wir dann schon wieder auf uns: die Monate, die Jahre, das Urteil auf Lebenszeit.

Im Bericht erwähnen Sie zwei meiner Fachärzte und meine Hausärztin. Über die beiden Ärzte schreiben Sie, sie seien nicht erreichbar gewesen bzw. Ihr E-Mail sei unbeantwortet geblieben. Das ist ja schon merkwürdig: Wenn ich ein Anliegen oder eine Frage habe oder es mir schlecht geht, sind diese beiden Ärzte – wie die anderen übrigens auch – erreichbar:

Einer der beiden hat im September 2014 an einem freien Tag seine Praxis für mich geöffnet und eine Notfallbehandlung durchgeführt. Er hat mich beruhigt, er hat mir geholfen, er hatte sogar noch etwas zu essen für mich, weil es meine Mittagspause war – Die habe ich übrigens oft für die Arbeit geopfert bzw. für Arzttermine, damit ich an der Arbeit nicht fehlte…! – und weil ich vor einer Kortisongabe von 100 Mg (Sie haben richtig gelesen: 100 Mg (!), nicht Ihre hübschen 2,5 Mg…) besser noch etwas essen sollte.

Danach bin ich übrigens an die Arbeit zurückgekehrt: vor 24 Jugendliche. Gar keine Leistung, ich weiss schon… Und das war bei weitem kein Einzelvorkommnis; es war lediglich eines der richtig heftigen Ereignisse – von der Intensität des Krankheitsausbruchs und gleichzeitigem Arbeiten her gesehen. Der Arzt, der für Sie nicht erreichbar war, hatte mich «gerettet»; schon am folgenden Tag sah «alles» viel besser aus. Am folgenden Wochenende rief er mich zweimal auf mein Handy an, um zu fragen, wie es mir gehe.

Der andere Arzt, der Ihr E-Mail unbeantwortet liess, setzt vielleicht Prioritäten und kümmert sich lieber um seine Patienten und Patientinnen. Ich habe mit ihm über Sie geredet – und längst nicht nur mit ihm. Ich glaube, ich weiss, warum er keine Lust und keine Zeit hatte, Ihnen zu antworten. Vielleicht kamen ihm Ihre Fragen diffus vor… Vielleicht mag er das unselige und eiskalt kalkulierende Vorgehen in dem ganzen Pseudo-Sozialsystem nicht…

Für mich hat er jeweils Zeit – und für seine anderen Patienten und Patientinnen auch. Seine Ruhe, sein Verständnis, seine menschliche und fachliche Kompetenz haben mir schon über manche schwierige Zeit hinweggeholfen. Auch wenn ich ihn zwischendurch lange nicht sehe: Ich weiss immer, dass er da wäre, wenn ich ihn bräuchte.

Im Gegensatz zu Ihnen nimmt er mich als intelligente Frau wahr und führt mit mir Gespräche auf gleichem Niveau. Im Gegensatz zu Ihnen sagt er, dass ich eine schwere, organische Erkrankung hätte. Im Gegensatz zu Ihnen darf er sich mit meinen Erkrankungen auskennen. Im Gegensatz zu Ihnen arbeitet er nicht für geld- und profitgierige Versicherungen.

Ich wünsche Ihnen ein ganz kleines bisschen seiner Menschlichkeit und höre jetzt mit Schreiben auf. Nicht, weil ich nichts mehr zu sagen hätte, sondern weil ich beschlossen habe, nach zehn Seiten aufzuhören.

Freundliche Grüsse von

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