Südländisch

Die Insel im Mittelmeer, auf die wir geflogen sind (siehe letzter Beitrag), ist Santorini.
Ich bin zum dritten Mal, Taieb ist zum zweiten Mal, Naila und Peter sind zum ersten Mal auf dieser kleinen halbrunden Insel, die einmal rund war und „Die runde Insel“ hiess, gewesen.

(Später hiess sie „Die schöne Insel“. Dieser Name stimmt immer noch, der andere seit der grossen Eruption im 17. oder 16. Jh. v. Chr., die die Insel auseinanderriss, nicht mehr.)

Wir sind für eine Woche im Hotel Veggera in Perissa gewesen, haben siebenmal am Meer gefrühstückt und sind heute Nachmittag mit der Fähre vom Athinios Port nach Heraklion, der Hauptstadt von Kreta, gefahren, wo wir für eine Woche im Hotel Aldemar Knossos Royal, das zu Chersonissos gehört und das die Kinder von früheren Besuchen her kennen, bleiben werden.

Ich liebe Griechenland, seit ich es 1989 zum ersten Mal bereiste. Ich liebe den Süden, ich liebe die Sonne, die hier viel öfter scheint. Und ich liebe die Menschen, in deren Herzen die Sonne ebenfalls viel öfter und viel stärker scheint.

Sozialisiert wurde ich zwar in der Schweiz, aber meine Seele ist nicht schweizerisch, sondern südländisch. Ich bin zur Hälfte zypriotisch, das heisst türkisch-zypriotisch, wobei mir das überhaupt nicht draufankommt, ob türkisch oder griechisch oder von wo auch immer südländisch. Die Schweizer Bünzlimentalität (wobei ich, einmal mehr, nicht gesagt habe, dass alle so seien (dem ist zum Glück nicht so)) ist mir ein Grauen. Sie vereint menschliche Dummheit mit unendlicher Kleinlichkeit und Kleinkariertheit. Noch schlimmer ist aber, ich muss es ehrlicherweise anfügen, die Hierarchie- oder Obrigkeitsgläubigkeit, die in anderen (nördlicheren) Ländern anzutreffen ist. (Und ja, ich weiss, wovon ich spreche; ich hab’ beides hautnah und wiederholt erfahren. Da ist mir so ein Schweizer Bünzli doch noch lieber.)

Hier und jetzt genug davon; ich könnte ein Buch füllen oder nur einen Satz darüber verlieren: Daran, dass diejenigen, die eben weder bünzlig noch obrigkeits- oder hierarchiegläubig sind, wissen, was ich meine, und diejenigen, die es halt sind, das eh nicht merken, ändert weder der Satz noch das Buch etwas. Was aber nicht heisst, dass man nicht darüber reden oder schreiben darf – ein Ventil zu brauchen, ist nämlich schon mehr als legitim. (Gilt für so gut wie alles.)

Meine Seele würde in dieser Enge und Engstirnigkeit jedenfalls nie zu Hause sein, meine Seele ist – zum Beispiel – in Marokko oder in Griechenland, im Süden jedenfalls. Die Menschen in diesen Ländern halten mich auch immer wieder für eine Einheimische, was mich jedes Mal freut.
Und nein, es sind nicht nur dunkle Haare und grosse Augen, nicht nur Schönheit im Aussehen und Eleganz im Bewegen, was die Menschen aus dem Süden auszeichnet – es ist mehr. Viel mehr.

Ein eifriger Deutschlehrer oder eine eifrige Kommunikationsverantwortliche würde jetzt wohl sofort ein Fragezeichen setzen und eine Anmerkung machen, das müsse spezifiziert werden. Das geht aber nicht. Darum muss ich über diese Eifrigen ein bisschen lachen und kann sie auch nicht so richtig ernst nehmen: Sie haben vielleicht noch nie erlebt, dass es Unaussprechliches, Unsagbares gibt. Nicht, weil der oder die Schreibende mit Worten so ungewandt wäre, sondern weil Sprache nie an das, was gefühlt werden kann, oder an das, was sein kann, herankommt und die Mittel dafür nicht zu Verfügung stellt. Ich erlebe dies jedenfalls öfters und bin zutiefst dankbar dafür. (Fände es aber auch schön, wenn Kommunikationsverantwortliche das wenigstens ein bisschen nachvollziehen und bei Fragen, die zu privat sind, nicht nachbohren würden. (Und genau, ich habs vor Kurzem (wieder mal) erlebt, dass eben nachgebohrt worden ist. Hab‘ dann geantwortet, dass ich die konkrete Antwort auf die entsprechende Frage nicht öffentlich preisgeben möchte.))

Wir sind dankbar für eine vorwiegend sonnige und warme Woche, in der wir viel unternommen haben: Busfahrt über die Insel zum Kloster für den Propheten Elias, zum ursprünglichen Dörfchen Megalochori, zu den strahlend weissen Dörfchen Imerovigli und Firostefani, zum Red Sand Beach wie zum Black Sand Beach und nach Oía, wo wir einen wunderschönen Sonnenuntergang erlebten.

Dann der Ausflug mit dem Schiff zum (neueren) Vulkanschlot Nea Kameni, den wir bestiegen, zum (älteren) Vulkanschlot Palea Kameni, wo wir in den Hot Springs badeten, und zur Insel Thirasia, die vor der grossen Eruption im 16. oder 17. Jahrhundert v. Chr. mit Santorini eins war. (siehe oben)

Die steile Wanderung zu den Ausgrabungen von Ancient Thera, der ersten Siedlung nach der Eruption.

Die Fahrt mit dem Beach Buggy zu den Ausgrabungen von Akrotiri, einer prähistorischen Siedlung aus Zeiten vor der Eruption.

Im Meer oder im Pool baden, Katzen streicheln, in Tavernen den griechischen Wein und die griechische Küche geniessen, ausgiebig, und, unvergesslich, die Greek Night zu griechischer Musik, zu der wir tanzten: Die Einheimischen tanzten und redeten mit uns, sagten, wir würden die Musik fühlen und so glücklich aussehen.

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