Ferienflash 7 – „vernachlässigte“ Freunde

Die Frau im Frühstückssaal unseres Hotels, der sehr cool eingerichtet & gleichzeitig sehr gemütlich ist, lachte mich an. Ich verstand ihr Lachen sofort & lachte zurück. „Meine ältere Tochter ist 14 & kackt mich genauso an“, sagte sie zu mir. 😅

Sie sass mit ihrer jüngeren Tochter am Tisch & wir tauschten uns noch ein bisschen über pubertierende Töchter aus. Ihre Ehrlichkeit gefiel mir. Wobei ich zugeben muss, dass ich immer wieder auf ehrliche Eltern treffe, die offen darüber reden, was Sache ist. Ich habe schon die verrecktesten Geschichten gehört – insbesondere wenn es um Töchter geht. Da könnte ich echt bald ein Buch darüber schreiben.

Über die einzige, die nicht pubertiert hat, unter anderem weil ihre Eltern kein „Nein“ kennen, wirklich keines, sondern alleswirklich alles, für sie opfern, wenn sie nur lange genug täubelet, trötzelt & immer noch gestörtere Methoden anwendet, bis sie ihren Lolly wieder hat, könnte ich ebenfalls ein Buch schreiben. Aber sie ist das Epizentrum der Gefängnis-„Familie“; darum ein andermal wieder mehr. Sie ist halt so die einzige Ausnahme von dem, was die Frau im Frühstückssaal erzählte. Von dem, was mir ganz viele Mütter & Väter berichtet haben. Von dem, was in dem Alter eben, wenn auch sehr anstrengend, extrem wichtig & extrem wertvoll ist.

Kurze Zeit später kam ich mit einer anderen Frau, die am Tisch neben uns sass, ins Gespräch. Sie hatte gehört, was ich Elfriede, unserer Berliner Bekannten, auf ihre Frage hin übers Schweizer Schulsystem & die enge Norm der Angepassten & Braven, die unsere Gesellschaft niiieee weiterbringen, wie Elfriede richtig ergänzte, erzählt hatte. Sie ist Deutsche, wohnt aber in einem Stadtteil von Genf, der sehr tolerant, durchmischt, bunt & vielfältig ist – fortschrittlicher & anders eben als die meisten Teile der Schweiz.

Später unterhielt ich mich vor der Kaffeemaschine, der die Milch für Cappuccino ausgegangen war & die daher nur noch hilflos brauste, spuckte & zischte, mit einer muslimischen Frau. Und am Ende unseres ausgedehnten Frühstücks machte der Restaurantchef noch einen Spass mit mir. Er hatte gehört, wie ich zu Elfriede gesagt hatte, ich sei für alles offen ausser für Meeresfrüchte. 😅

Der Tag hatte also sehr gut begonnen; ich liebe spontane Gespräche mit „fremden“ Menschen. Vier solche Gespräche alleine schon beim Frühstück: Das musste trotz Regen ein guter Tag werden. Und er wurde es auch. Ab 15.45 Uhr liess sogar die Sonne sich blicken.

Gestern war es den ganzen Tag sonnig & warm gewesen – fast sommerlich. Viele Menschen sassen draussen. Auch wir setzten uns fürs Mittagessen draussen hin – am Kurfürstendamm.

Auch in London trafen wir Freunde von mir. Das heisst, eine Bekannte aus meinem Jahr & etwas mehr in Birmingham Mitte der Neunzigerjahre sowie ein paar Freunde, die ich seit meiner Begleitung der Sprachaufenthalte 2011, 2012, 2013 & 2014 kenne. Leider hatte ich alle „vernachlässigt“, wobei der Ausdruck ja nicht wirklich stimmt.

Es war ja kein „Vernachlässigen“ in dem Sinn; das Leben als beruflich engagierte Frau sowie interessierte & involvierte Mutter lässt einem einfach nicht für alles Zeit. Und das ist jetzt, auch wenn der Satz mit der Zeit in vielen Fällen eine Ausrede ist, wirklich keine Ausrede. Ich brauche keine Ausreden. Nie.

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