„Sie, Sie müssen mal das gelbe Kleid anziehen“, sagte eine Schülerin aus Ronnys Klasse auf dem Korridor vor dem A103, meinem Klassenzimmer, zu mir, als ich nach der grossen Pause am Morgen die Tür aufschliessen wollte.
„Welches meinst du?“, fragte ich sie & mir fiel mehr oder weniger gleichzeitig grad ein, welches sie meinte.
„Das vom Video“, antwortete sie & bestätigte damit meine Vermutung.
„Wenn die Temperaturen dann endlich mal sommerlich werden…“, gab ich lachend zurück.
Was sie dann auch für ein paar wenige Tage waren. Nur bin ich diese Woche leider krank gewesen. Das heisst, nicht so voll krank, aber zum zweiten Mal unmittelbar nacheinander erkältet.
Da ich zuvor keinen halben Tag zu Hause geblieben war & mich so, wenig verwunderlich, nie auskurieren konnte, blieb ich am Dienstag zu Hause. Das half zwar nicht sofort, aber jetzt ist die Erkältung weg. Umso besser.
Am Dienstag habe ich jeweils neun Lektionen pro Tag, was sehr viel ist.
Für (weitaus) die meisten (viel) zu viel.
Jede(r), der/die auf dieser Stufe unterrichtet, kann das nachempfinden.
Für mich gut machbar, bin selbst erstaunt, wie locker ich die Dienstage (sowie die Freitage mit acht Lektionen…) das ganze Schuljahr hindurch gemeistert habe… Das hätte ich selbst nicht erwartet. Aber es lief meistens wie am Schnürchen.
Trotzdem ist es der richtige Entscheid gewesen, diese Woche am Dienstag zu Hause zu bleiben. Mit verstopfter Nase, Hals- & Kopfschmerzen wirds dann irgendwann auch für mich zu anstrengend. Insbesondere, da ich ja schon viele Tage erkältet unterrichtet hatte…
Hab‘ ja trotzdem nicht nichts getan am Dienstag – oh nein! Aber lassen wir das, jedenfalls konnte ich es so etwas ruhiger nehmen. Das hat gutgetan.
Am Mittwoch stand ich bereits wieder vor den Klassen, obschon ich noch nicht vollständig fit war. Es steht noch so vieles an vor dem Schuljahresabschluss, dass ich kaum mehr durchblicke. Ich hoffe, wir schaffen alles & können entspannt in die Sommerferien.
Im neuen Schuljahr unterrichte ich nicht wie dieses & letztes Schuljahr an vier, sondern an fünf Tagen pro Woche. Dafür hab‘ ich dann nicht mehr so viele Lektionen pro Tag. Das stimmt für mich so & ich freue mich bereits darauf.
Ich bin sehr engagiert & könnte, wie schon ein paarmal erwähnt, einen eigenen Blog „nur“ über mein extrem vielfältiges & extrem abwechslungsreiches Berufsleben führen. Doch da ich, wie mir damals der Schulleiter Benno*, der auf mich stand, was irgendwie sehr süss & irgendwie auch nicht ganz einfach war, nahegelegt hatte, als Lehrerin eine halböffentliche Person bin, passe ich auf. Hab‘ meine diesbezüglichen Erfahrungen ja schliesslich gemacht… 😉
Anyway, ich bin sehr engagiert & mit ganzem Herzen dabei. So, dass ich mich eben bereits auf das neue Schuljahr freue. Die wunderbaren Rückmeldungen der Schüler & Schülerinnen aus Marias Klasse, die ich leider, da sie im dritten Sekundarschuljahr kein Französisch mehr haben werden, abgeben muss, haben mich grad noch mehr beflügelt.
Dass Kinder im Kindergarten sowie in der Primarschule ihre Lehrerin oder ihren Lehrer auf einen Thron heben & anhimmeln, ist der Normalfall. Sie sind noch (völlig) unkritisch & sehen fast alles rosarot. Wenn jedoch Teenager & Teenagerinnen, die in einem komplett anderen & anspruchsvollen Entwicklungsstadium sind & fast alles sehr kritisch beäugen & bewerten, einen respektieren, ernst nehmen, gerne haben & viele lobende Worte zu Papier bringen, ist das alles andere als selbstverständlich, etwas Besonderes & eben wunderbar. Diese Texte (die eigentlich einfach ein Rückblick auf das Französischlernen hätten sein sollen…) haben mich voll „geflasht“ & ich werde sie sorgsam aufbewahren. ☺️
Bald aber Sommerferien…! ☀️
Naila fliegt mit ihrer Freundin Rana & deren Mutter für eine Woche nach Tanger. Das war die Idee von Ranas Mutter & sie hat auch die Flüge wie das Hotel gebucht. Ich freue mich sehr für Naila. 🇲🇦
Übrigens ist Naila jetzt schon ein Jahr & acht Monate mit ihrem Freund zusammen. Das ist im Alter von 15 Jahren schon sehr bemerkenswert. Aldin & Naila kamen zusammen, als sie 13 1/2 war.
Und noch bemerkenswerter in einer Zeit, in der Beziehungen, vor allem im Jugendalter, bisweilen nur ein paar Tage dauern, bevor man einander gegenseitig als Kontakt löscht & blockiert. Irgendwie schon „krank“… Umso mehr freue ich mich, dass meine Tochter da ganz anders unterwegs ist.
Als sie mir erzählte, dass sie mit Rana & deren Mutter nach Tanger fliegen wolle, sagte ich sofort zu & musste natürlich auch ein bisschen für mich lachen. Manchmal schliessen Kreise sich, ohne dass man gross was dafür tut. Oder vielleicht schliessen sie sich genau deswegen, also, weil man nicht gross was dafür tut. Das beobachte ich ja schliesslich eh grad in meinem eigenen Leben.
Ein paar Stunden später schrieb ich Amir* von Nailas Vorhaben für die Sommerferien.
Er wurde ja in Tanger geboren & wuchs mit seinen fünf Brüdern sowie seiner Schwester dort auf, bis er neun war.
Dann zogen sie zum Vater nach Frankfurt.
Nur die Schwester blieb in Tanger. Sie war erstens schon verlobt & durfte zweitens gar nicht mit, da sie schon über 18 war. Das war natürlich hart für sie. Und sie habe das nie ganz verkraften können, sagt Amir*.
Er ist heute Abend nach Frankfurt gefahren, wo er morgen mit seiner Mutter & seinen Brüdern das Opferfest, das Eid al-Adha, das am letzten Sonntag stattfand, noch nachfeiert.
Meistens nimmt er den Zug; dieses Mal ist er mit dem Auto unterwegs.
Am Montag kommt er zurück.
Am Mittwoch treffen wir uns wieder.
Wir freuen uns beide darauf.
Und ich werde mich bemühen, am Vorabend nach dem Sporttag an der Schule, auf den ich mich ebenfalls freue, rechtzeitig ins Bett zu gehen… 😅
Das wird wirklich wichtig sein, da ich am Montagabend mit Monika eine Lesung von Shila Behjat im Kaufleuten besuche. Sie beginnt um 20 Uhr, wir treffen uns aber schon um 18 Uhr. Vielleicht stossen wir dann an auf das Datum…; genau sechs Monate her, seit ich es endlich schaffte, den Entschluss zu äussern mich zu befreien… und genau drei Monate her, seit Amir* in mein Leben trat.
Nie werde ich diesen Moment vergessen, als ich die Tür‘ zum Restaurant Dar in Zürich öffnete & ihn weiter hinten neben einem Tisch stehen sah. Sein gutes Aussehen verschlug mir kurz die Sprache. Zum Glück nur kurz.
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* Namen geändert