„Ich mag dein Parfum“, sagte Amir* in Tirano zu mir.
Ich bedankte mich für das Kompliment.
„Ich mag es wirklich sehr, es hat so eine arabische Note“, fuhr er fort.
Ja, ich hatte dieses Parfum im Februar in Casablanca gekauft & benutzte es bei jedem Date mit ihm. Das war Programm. Genauso wie die violette Hose aus Tanger beim ersten Date. 😉
Wenn Naila das Parfum in Tanger oder Umgebung gefunden hätte, hätte sie mir davon mitgebracht. Sie benutzt es selbst nämlich auch. Das heisst, sie war es, die es damals entdeckt hatte. 😊
Damals in diesen moderneren Souks, wo wir mit Salma herumspazierten. Es würde in dieser Konstellation vielleicht das letzte Mal sein, das schwang mit. Salma kaufte zwei Koffer fürs Auswandern nach Kanada.
Nun gut, ich kaufe das Parfum im Oktober. Denn Naila & ich wollen am 5. wieder mit Zug & Fähre nach Marokko reisen. Spätestens am 7. kommen wir an.
In Tanger treffen wir Amir*, der vom 30. September an dort sein wird. Wir, das heisst er & ich, freuen uns beide sehr auf unsere erste gemeinsame Zeit in seinem Heimatland.
„Ich freue mich total auf die Tage mit dir in Tanger“, hat er mir unlängst geschrieben.
Wenn er am 11. Oktober zurückfliegt (das war schon gebucht, bevor wir uns kennenlernten…) möchte ich mit Naila nach Chefchaouen (wo ich schon einmal war) fahren sowie in den auch für mich neuen Städten Al Hoceima, wo Amirs* Familie herkommt, Nador & Oujda je ca. zwei Tage verbringen. Und am Schluss natürlich noch die Familie in Casablanca besuchen.
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Es ist so anders mit ihm.
Es ist alles so, so anders.
Und ja, schon bezogen auf die allerersten Tage, die allerersten Wochen, die allerersten Monate.
Ich erinnere mich nämlich sehr wohl…
Ich wollte sie bloss nicht wahrhaben, all‘ die Red Flags, und ich hoffte auf Entwicklung & Veränderung.
Was sehr typisch ist für hochempathische Menschen.
Aber genau das, also Entwicklung & Veränderung, kommt von Egoisten nicht wahrhaftig & nachhaltig.
Und von narzisstisch geprägten Personen sowieso nie.
Lehrpartner, genau. (Zitat Leila)
Geliebt hab‘ ich sie alle – ja.
Also die vier Männer, mit denen ich eine ernsthafte Beziehung hatte.
Geliebt habe ich sie – sehr sogar.
Zwei hatten diese Liebe auch verdient.
Und jetzt ist da wieder ein Mann, der meine Liebe verdient.
Dessen Liebe ich verdiene.
Einer, der mich so behandelt, wie ein selbstbewusster, intelligenter, aufmerksamer & rücksichtsvoller Mann eine Frau wie mich behandelt: nämlich ganz, ganz anders, als ich letztes Jahr behandelt wurde.
Die Unterschiede sind so frappant, dass auch mir die Worte dafür fehlen.
Ungewohnter Zustand.
Das zeigt sich in allen Bereichen.
Auch im Bett.
Es geht ihm um mich.
Als ich Monika sowie meiner Gynäkologin davon erzählte (weil ich ein grosses Bedürfnis verspürte, darüber zu reden…) reagierten beide gerührt.
„Ooohh, Sabine, den musst du behalten“, sagte Monika.
„Ja, ich weiss“, erwiderte ich.
Wir waren zusammen in meinem Klassenzimmer, dem A103, und unterhielten uns über alles, was uns grad bewegte.
Jetzt kann ich ergänzen, dass der Mann, den ich behalten soll & will, mir geschrieben hat, er freue sich sehr, den Rest seines Lebens an meiner Seite zu verbringen.
Und das ist „nur“ eine von sooo vielen wunder-, wunderschönen Nachrichten, die ich von ihm bekommen habe. 💗 💞 💖
Die Welten, ja, Universen, die dazwischen liegen, hauen mich nicht um.
Aber kalt lassen sie mich auch nicht.
Das wäre ja auch völlig entgegengesetzt der menschlichen Natur.
Der narzisstisch Geprägte muss sich auch im Bett grossartig fühlen. Und erzählt von aller Anfang an, was für eine ebenso grossartige (S)ex-Partnerin er gehabt habe… Die, so die Schlussfolgerung, in ihrem früheren Leben eine Porno-Darstellerin gewesen sein muss… Er macht von Anfang an Druck & dabei geht es um ihn. Nur um ihn. Und nochmals um ihn.
Darum respektiert er auch nichts von der Partnerin: weder Schlafens- & Aufstehzeiten noch Müdigkeit noch die Bitte, eine bestimmte Sexualpraktik, die mit „A“ beginnt, zu unterlassen. Weil sie diese erstens eklig findet & sie ihr zweitens weh tut. Sie erklärt sogar, warum.
(Wegen früheren chronischen Entzündungen, die die Schleimhäute dauerhaft geschädigt & extrem empfindlich gemacht haben…)
Doch das juckt ihn nicht.
Das ist ihm scheissegal.
Er macht es trotzdem.
Und lässt noch einen supervulgären Spruch dabei raus. (Aber wehe, die Partnerin verwendet mal ein bisschen Jugendsprache… – da echauffiert er sich sofort & stellt sich drüber.)
Doppelmoral.
Doppelmoral in so vielem…
Doppelmoral beim Sprachgebrauch, beim Umweltbewusstsein & bei vielem mehr.
Bei ihm sind es Kompromisse,
bei ihr ist es „extrem verwerflich“. (Zitat)
Den Leuten bleibt regelmässig die Spucke weg.
Und jetzt ist alles so anders.
So, so anders.
Ganz viel Anerkennung, ganz viel Wertschätzung.
Erkannt als die Frau, die ich bin.
Keine Angst davor.
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Zur Zeit sitzen Naila & ich im Zug von München nach Klagenfurt. Unser Aus- bzw. Umsteigeort wird Villnach sein, wobei der Zug aufgrund eines Klimaanlagendefekts, der in Salzburg behoben wurde, grössere Verspätung hat & wir nicht sicher sind, ob wir den Anschlusszug nach Zagreb erwischen. Mal sehen, wo wir letztlich von heute auf morgen übernachten werden… 🤷🏻♀️
Während ich so schreibe, merke ich ständig, wie mir die Worte eben eigentlich fehlen.
Schlimm ist das nicht.
Aber ergreifend.
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Jetzt sitzen wir im Zug von Villnach nach Zagreb. Wir haben den Anschlusszug, da er ebenfalls über eine halbe Stunde Verspätung hat(te), also erwischt. Darüber sind wir nicht etwa unglücklich.
Wir fahren durch Slowenien. Die Fahrt ist landschaftlich sehr schön & eindrücklich. Auch in der Hauptstadt Ljubljana hielten wir an.
Amir* hat mich vorhin angerufen, um sich zu erkundigen, ob wir den Anschlusszug noch erreicht hätten oder nicht. Das war ihm wichtig. Und als ich sagte, dass wir es geschafft hätten, war er erleichtert.
Leider konnten wir nicht lange reden; die Verbindung von Moliets-et-Maâ nach Slowenien war nicht prickelnd. Auch als er es noch ein zweites Mal versuchte, brach sie schnell wieder ab.
Dafür schrieb er mir dann noch, dass er froh sei, dass unsere Reise doch einigermassen planmässig verlaufe. Und schickte mir ein süsses Bild. Letzteres macht er sowieso täglich.
Er vermisst nicht nur mein Parfum mit der arabischen Note, er vermisst alles an mir. Und ich vermisse alles an ihm. Seelenverwandt.
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* Name geändert