„Patricia“

Manchmal ist das Timing einfach schlecht: Ich bremse abrupt vor der katholischen Kirche, weil mir ein Auto entgegenkommt und wenig Platz zum Kreuzen ist; die Fenster sind geöffnet, weil wir etwas kühlen Wind durchaus vertragen können und aus dem CD-Player ertönt: „…and with a lick of her lips, she undid all her clips, threw it all in the air, and everybody stared, and as the last piece of clothing fell to the floor, the police were banging on the door – on a Saturday night in 1924.“

Ich hätte es natürlich leiser drehen können, aber das geht dann eben auch nicht: Wenn ich drin bin im Lied und mitsinge und Naila aus voller Kehle von hinten her auch mitsingt (schlechte Erziehung mit solchen Liedern, ich weiss schon…), dann kann ich nicht einfach leiser drehen. Dann stehe ich halt vor der katholischen Kirche und „Patricia“ lässt die Fensterscheiben klirren.

Ich habe zwei Vornamen, nenne aber meistens nur einen. Spätestens seit meinen zwei Assistenzjahren an der Uni Zürich finde ich das Nennen des zweiten Namens bzw. das Zufügen der Initialen aller möglicher Namen ziemlich doof, um es mal so auszudrücken. Als ob es nicht genügen würde, jeden Schrott zu publizieren – es geht oft nur darum, DASS publiziert wird; nicht, WAS publiziert wird -, muss jede und jeder, der in der akademischen Welt etwas auf sich gibt und darum eben publiziert, nach dem Rufnamen von mindestens einem weiteren Vornamen die Initialen angeben. „Peter F. Hösli“ zum Beispiel. Oder „Claudia K. Gartenmann“. Oder als Steigerung „Sebastian V. O. Binder“. (Namen frei erfunden)

So weit, so gut. Ich könnte mich also auch Sabine G. gefolgt von den beiden Nachnamen nennen. Doch bisher habe ich immer darauf verzichtet, zusätzliche Initialen – der zweite stammt übrigens von einem türkischen Namen, der übersetzt „Waldblume“ bedeutet – anzugeben. Aber man weiss nie.

Spass beiseite, ich bleibe bei meinem ersten und also meinem Rufnamen. Der zweite, der türkische, gefällt mir auch. Ich liebe den Wald, ich liebe Blumen, was wohl in den Beitragsbildern zu sehen ist. Ich sollte wieder mal andere Motive nehmen, aber eben: Ich liebe Blumen. (Die Rubinien vom heutigen Beitrag wachsen übrigens in unserem Garten.) Der „Übername“ Patrizia verschafft mir einen besonderen Bezug zum Lied „Patricia“; es ist jedoch sowieso ein cooles Lied. Und ja…, die Polizei hat ja auch schon mal bei uns geklingelt (noch anständig, das war kein „banging on the door“, sondern ein anständiges Klingeln). Um sieben Uhr morgens und zu viert. Dafür in Zivil. Am letzten Tag des Monats Mai. Weil jemand gedacht hatte, man finde Waffen bei mir…, weil ich Schiess-Metaphorik (!) sowie weitere Redewendungen (!) gebraucht hatte…, weil ich mich gegen grosse Ungerechtigkeiten (nein, nicht meine Wahrnehmung, sondern die Wahrnehmung aller, die nicht nur an sich selbst und ans Geld denken und nachvollziehen können, wie es mir in dem Schlamassel von Krankheiten, Unfällen und Versicherungen ging) zu wehren versuchte.

Das werde ich auch durchziehen – ohne Rücksicht auf Verluste. Eines Tages, wenn ich innerlich bereit dazu bin (vielleicht dann in der Reha…), werde ich die ganze Story nicht nur andeuten, sondern erzählen. Ich schulde es mir selbst und all denjenigen, die mich unterstützt haben. Darum: Fertig mit „Selda“. (Selda bin übrigens nicht ich, wie vermutet wurde, sondern ich kenne tatsächlich eine Frau, die der Figur Selda genau entspricht, die fast beängstigend viele Gemeinsamkeiten mit mir hat und über die ich schreiben wollte. Vielleicht werde ich auch einmal, wie ursprünglich ja geplant, über sie schreiben. Aber nicht in meinem Blog, sondern, wie ebenfalls damals geplant, als Buch.) Vorerst aber fertig mit „Selda“, zurück zu mir – und zu Patrizia und „Patricia“. Für Patricia ging die Geschichte ja auch gut aus… 😉

Und wenn ich nächstes Mal vor der katholischen Kirche vorfahre (das heisst wenn Naila einen Auftritt mit dem Kinderchor hat), lege ich eine andere CD ein und time sie auf: „… and the one who died upon the cross, well he’s the one for

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