Aktiv, engagiert und chronisch krank

Der letzte Montag, also der 16. Juli, markierte nicht nur den Beginn der langersehnten Sommerferien im Kanton Zürich, sondern auch den Beginn von zwei neuen Therapieformen für mich: Moxibustion und Inhalation. Die passen natürlich perfekt zusammen: den Rauch der Zigarre inhalieren, genau. 🙃

Spass beiseite: Moxibustion einerseits hat meine Therapeutin für Fussreflexzonenmassage und Akupressur nicht nur empfohlen, sondern sogleich ausgeführt: und zwar nicht am (operierten) rechten, sondern am linken Fuss, weil die monate-, fast jahrelangen Über- und Fehlbelastungen nicht nur zu Sehnenentzündungen und feinen Risschen im Sehnengewebe, sondern auch zu offenen Stellen geführt hatten:

Diese sind schmerzhaft; ich kann am Abend jeweils nicht einmal auf dem Rücken liegen und so einschlafen, sondern muss mich von Anfang an auf den Bauch drehen. Die Erhitzung der Haut durch die brennende Zigarre (Moxibustion) soll das Gewebe zu einem schnelleren und besseren Heilungsprozess anregen.

Inhalieren andererseits hat mir meine Ärztin in Bülach verschrieben, damit wir der nicht enden wollenden Angina-Bronchitis-Angina-Geschichte auf die Spur kommen können. Wir vermuten zwar beide autoimmune Prozesse dahinter, die zu meinem Krankheitsbild bestens passen; wahrscheinlich kombiniert mit der hohen Anfälligkeit für Infektionen aufgrund der langen Unterdrückung des Immunsystems. Um jedoch herauszufinden, ob zusätzlich eine asthmatische Komponente hineinspielt, muss ich jetzt jedes Mal, wenn der Reizhusten aufkommt, inhalieren.

So weit, so gut: Wie ich das auf den bevorstehenden Reisen (München, Tessin, Heidelberg, Tessin…) handhaben soll, weiss ich noch nicht genau…

ich amüsiere mich grad ein bisschen über eine Schule, die es nicht nur nötig hat, ihre Lehrgänge kostenpflichtig auf den Sozialen Medien zu bewerben – ist mir zufälligerweise auf Instagram begegnet… -, sondern sich in mindestens drei Lehrgängen gleichzeitig in Eigenlob ergiesst über ihre hohe Erfolgsquote.

Die Interpretationen liefert sie gleich selbst dazu: nämlich ihre hohe Qualität. Mehrfach wird betont, wie deutlich sie sich vom Schweizer Durchschnitt abheben würden: kleinlichst genau aufs Prozent ausgerechnet. (Passt wunderbar zu den kleinlichen Kommastellen-Angaben von Prozentzahlen meines Beschäftigungsgrads, die überdies absichtlich nach unten geschraubt wurden…)

Na ja…, vielleicht sind in Winterthur einfach (viel) weniger Kandidaten und Kandidatinnen angetreten und darum – logischerweise – auch weniger durchgefallen…!? Vielleicht kann man an betreffender Schule einfach 15% besser schummeln und spicken…?! Vielleicht haben das Glück und der Zufall mitgeholfen – das soll ja in diesem Leben ab und zu so sein.

Vielleicht…
– es gäbe noch weitere Faktoren, die eine Rolle gespielt haben könnten,
aber klar:
Es ist die hohe Qualität dieser Schule, die eine Angestellte, die eine schwere chronische organische Erkrankung hat und ein bisschen rebellisch ist, sprich eure oberdoof-nachgeplapperten „verschiedenen Wahrnehmungen“ durchleuchtet und eure billig-angelernten Taktiken beim Namen nennt, so richtig dreckig behandelt.

Aber das macht ja nichts, das darf „Goliath“ ja alles: Mal sehen, was „Goliath“ an der Schlichtungsverhandlung zu melden hat oder ob die Frau Anwältin mit dem sprechenden Namen den ganzen Part übernehmen muss… Ob „Goliath“ erscheint oder – andernfalls – sein fieses Spiel weiterspielt und die gerichtliche Klage riskiert.

Solche Dinge verbreiten sich im Netzt wie ein Lauffeuer: umso brisanter und emotionaler, desto besser. Und für das Emotionale und Brisante ist mit einem Dutzend ausgewiesenen Haupt-, Neben- und Begleitdiagnosen, darunter eine Vorstufe von Leukämie, die im Abstand von sechs bis zwölf Monaten kontrolliert werden muss, irgendwie schon gesorgt.

Vorerst freue ich mich jedoch auf unsere Reisen und verschiedenen Ausflüge und bin froh, dass die Kinder bis und mit gestern jeden Tag mit meinem Mann am Rhein verbringen konnten und ich noch ein bisschen dem Papierkram nachgehen konnte. Wobei ich nicht wirklich weit gekommen bin…; dafür habe ich anderes gemacht, zum Beispiel Klavier gespielt und ein paar neue Videos mit Naila „gedreht“, da wir ein Video aus sechs bis zehn Videos zusammenschneiden lassen werden, damit mehr Abwechslung und Dynamik in die Sache kommt.

Ebenfalls freue ich mich bereits auf die neue Stelle, die ich am 20. August antrete. Nebst den Dutzenden von Strategien, die ich mir angeeignet habe, um in gesundheitlich schwierigen Zeiten gut weiterarbeiten zu können, gibt es noch einen grossen und bedeutenden Unterschied zu damals, als ich die lange Krankheits- und Unfallpause antreten musste. (Musste; ihr habt richtig gelesen, ihr Arschlöcher, die ihr keine Ahnung hattet von dem, was ich habe, und euch trotzdem befähigt und berufen fühltet zu urteilen…)

Der grösste und bedeutendste Unterschied ist, dass ich wieder schlafen kann. Gut, ich nehme ein Medikament; das, was viele Leute tun…, wovor ich mich aber gesträubt hatte bzw. lange gar nicht auf die Idee kam, chemisch nachzuhelfen… So, wie viele Leute schnell und oft zu Schmerzmitteln greifen (Leistungs- und Spitzensport ist auch aus der Sicht eine äusserst fragwürdige Angelegenheit – davon, dass der Sinn dahinter, ausser sich selbst zu beweisen, wie leistungsfähig und toll man eben ist, leider nicht ersichtlich ist, ganz zu schweigen…), so greifen offenbar auch viele Leute zu Schlafmitteln:

Alles sehr bedenklich, finde ich; ich bin nicht einmal während der jahrelangen und massiven Schlafprobleme, die das Kortison ausgelöst hatte, auf die Idee gekommen, mit Chemie nachzuhelfen.

Aber jetzt ist es gut so: ein neues Leben und eine diametral andere Ausgangslage für den (definitiven) Wiedereintritt ins Arbeitsleben.

Die Schulleitung der Wirtschaftsschule KV Winterthur hat versucht, die Kausalitäten zu ihren Gunsten umzudrehen, sprich den Ablauf so darzustellen, als ob meine Krankschreibung auf ihre Druckmacherei, ihr Fertigmachen, ihre unvorstellbare Rücksichtslosigkeit gefolgt sei. Nachdem ich alles und mehr als alles – mein Leben – daran gesetzt hatte, dieses verdammte Scheiss-Semester zu Ende zu bringen.

Tatsache ist: Die Schulleitung wusste genau, dass ich erstens an einer chronischen und schubweise verlaufenden Krankheit „leide“ und dass zweitens im Herbst 2015 ein erneuter Schub ausgebrochen war. Und ja, unsere konkrete Vermutung sieht den Auslöser in S. B.s Verhalten mir gegenüber; und ja, eure Strategie, konkrete Vermutungen als Anschuldigungen abzutun ist genau so billig und genau so feige wie euer Nichtbeantworten, wer euch den Zugang zu meinem FB-Account ermöglichte.

Die Schulleitung wusste um den erneuten Ausbruch meiner Krankheit; wir haben das E-Mail, das ich euch zwischen Weihnachten und Neujahr geschrieben hatte, vor uns: ausgedruckt im Ordner meiner Anwältin. (Oder glaubtet ihr, ich würde die darin erwähnte Kortison-Therapie zum Vergnügen beginnen? Oder sie sei ein Weihnachtsgeschenk gewesen…?)

Wisst ihr, wo ich dieses E-Mail damals schrieb?!

Im Bett.

(Dort, wo ein paar Besserwisserinnen eurer Schule, die noch nie was von einer Kollagenose oder einer Vaskulitis gehört hatten, mich immer haben wollten. Dort, wo ich gar nicht zu oft und vor allem nicht zu lange sein darf… Weil ich ja dann die Thrombose und die Embolie habe – und nicht ihr, ihr Lehrerinnen, an denen bedauerlicherweise Ärztinnen verloren gegangen zu sein scheinen…)

Wisst ihr, wie es mir damals ging?

– Schlecht, wirklich ganz, ganz schlecht.

Wisst ihr, was ich gleichzeitig machte?

– Ich weinte.

Wisst ihr, was gleichzeitig passierte?

– Das Blut lief heraus
überall sozusagen
und färbte unser blaues Bett zuerst rot
und dann so schmutzig-braun.

Wisst ihr etwas von Würde?
Wisst ihr etwas von Kontrollverlust?

Wisst ihr etwas vom Geruch,
wenn
Blut,
Tränen
und
Schweiss
– ich hatte hohes Fieber;
ich habe meistens erhöhte Temperatur… –
sich vermischen?
Kennt ihr den Geruch?
Habt ihr ihn schon einmal
gerochen,
gefühlt,
gehasst?

Und kennt ihr die Komponente, wenn sich zu dem ohnehin schon unheiligen Gemisch noch Verzweiflung mischt…? Pure und schiere Verzweiflung?! Habt ihr auch nur einen Schimmer einer Ahnung von allem, was ich diesbezüglich erlebt und überlebt habe!?

Und wenn ich mich schon getraut habe, einem Beitrag den Titel „Schön und chronisch krank“ zu geben, was mich wirklich eine Portion Mut gekostet hat, dann muss ich jetzt quasi nachziehen und diesem Beitrag den Titel „Aktiv, engagiert und chronisch kank“ verpassen. (Da wussten ja allwissende und immerallesbesserwissende Arbeitskolleginnen ebenfalls besser Bescheid als ich selbst. (Obschon sie keine meiner Diagnosen haben – man höre und staune.))

Ihr wisst bestimmt auch, was der „Beighton Score“ ist und was bei Erwachsenen die diesbezügliche Norm ist: nämlich 0, 1 oder höchstens 2. (Ich habe 7. Und darum häufige Überdehnungen und Zerrungen. Die tun übrigens auch weh; das hättet ihr nicht für möglich gehalten, oder…?)

Die Schrauben bleiben in meinem rechten Fuss, wie der Chirurg und die Oberärztin letzte Woche bestätigten. Falls sie sich aus dem Knochen herausschaffen und an die Oberfläche vordringen sollten, was selten vorkommt, müsste ich sie in einem ambulanten Eingriff entfernen lassen.

(Was selten vorkommt, ist bei mir leider schon ein paarmal eingetroffen – darum bleibe ich realistisch: Vielleicht kommt es früher oder später zu diesem Eingriff. („Peanuts“. Und das meine ich jetzt nicht ironisch.))

Ich freue mich nicht nur auf unsere Reisen und Ausflüge, sondern auch auf neue Songs:

„Du musst zeigen, wie gut du deine Stimme ausblenden kannst.“, fand Sandra, „Und du musst dir überlegen, wo du es so richtig einsetzen und zeigen willst und wo du darauf verzichten solltest, weil du Luft für die nächste Phrase holen musst.“

Das bin ich mir jetzt beim nächsten Song so ein bisschen am Überlegen, da für mich das Luftholen doppelt wichtig ist (hab zur Zeit nach dem Treppensteigen zu wenig davon…) und mir gleichzeitig natürlich das Ausblenden der Stimme (langes Aushalten auf einem Ton, evt. mit Vibrato) Spass macht, weil ich es wirklich gut kann.

Das allumfassende Luftholen habe ich mittlerweile gelernt; dass ich die vielen „ai“ in der englischen Sprache nicht als „ai“, sondern nur als „a“ singen soll, was man nachher kaum bis gar nicht hört, um meinen Hals nicht unnötig zu belasten und enger zu machen (was beim Laut „i“ eben sofort passiert), habe ich ebenfalls intus und wende den „Trick“ mehr oder weniger „automatisch“ an. Alles, was meinen Hals, die anfälligste Stelle in meiner komplexen Autoimmun-Geschichte, nicht (noch) enger macht und nicht (noch) mehr belastet, ist willkommen. Dass es im Singen zahlreiche „Tricks“ dafür gibt und Sandra mir diese beigebracht hat, ist mein Glück.

Am 16. August haben wir ein sogenanntes Team-Event: also einen Weiterbildungsanlass an der Schule, ein gemeinsames Mittagessen, dann eine Ruderfahrt mit Drachenbooten nach Eglisau (wo wir wohnen), einen Apéro und ein gemeinsames Abendessen.

Der Verantwortlichen hab’ ich geschrieben, dass ich aus gesundheitlichen Gründen nicht rudern könne. (Solch ruckartige Bewegungen würden die rheumatischen Schmerzen nur noch verstärken.) Das ist kein Problem; ich könne im Rettungsboot mitfahren oder zu Fuss dem Rhein entlangspazieren, war ihre Antwort. Ich werde mich für Letzteres entscheiden – ich liebe die Rheinufer. Und ich freue mich auf den Anlass.

Jetzt wünsche ich allen sonnige und erholsame Ferien sowie viel Zeit füreinander.

– – –

Hier unten noch einmal zwei Fotos von den Stretching-, Yoga- und Pilates-Kursen auf Kreta im vergangenen Mai. (Wo ich zwei Jahre zuvor keine einzige Sekunde an auch nur einer einzigen Lektion teilgenommen hatte – weil ich nicht konnte. (Mir die acht Tage auf Kreta damals zu missgönnen und sich zu den dümmstmöglichen Spekulationen verleiten zu lassen, ist um mindestens 15% dümmer als der Schweizer Durchschnitt. (Nur so. Wir können es natürlich auch noch auf die Kommastelle ausrechnen. Nur so.)))

2 Kommentare zu „Aktiv, engagiert und chronisch krank

  • du schreibst mir mit vielem aus der seele, ich bin auch chronisch krank und habe einiges ähnlich erlebt wie du, wobei niemals so krass! was sind das für kreaturen in diesser schule? ich kann das nicht nachvollziehen! danke für deine offenheit und ehrlichkeit! ich wünsche dir viel kraft und mut!

    • Hallo Jeannette

      Vielen Dank für deine Nachricht! Sie freut mich sehr.

      Ja…, eine unselige Geschichte. Die Schulleitung befand sich so ungefähr seit Frühling 2015 in einem Burnout, was etliche Kollegen und Kolleginnen ebenfalls feststellten und worunter ich dann halt am meisten zu leiden hatte, weil NULL Raum, NULL Interesse und NULL Verständnis für meine Erkrankungen, deren Auswirkungen sowie für die Auswirkungen der harten Therapien vorhanden waren. Von daher kam auch diese krankhafte Besessenheit, mich auf Facebook auszuspionieren, mich so schnell wie möglich loszuwerden und mir möglichst viele Hindernisse in den Weg zu legen.

      Wie ich das alles durchgestanden habe, weiss ich manchmal selbst nicht mehr, und bin einfach unendlich dankbar für die Ressourcen, die ich mit auf den Weg bekommen habe, sowie den Menschen, die mich stark gemacht haben.

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