Zwei Freunde, zwei Worte

Der letzte Text, den ich hier in Golino an der Melezza schrieb, „Von plappernden Papageien“, also von gewissen und sogenannten Führungskräften bzw. Schulleitungen, die, anstatt selber zu denken (Was ist das?), angelernte Phrasen wiederkäuen und angelernte Taktiken recyclieren, dass mir nur schon beim Gedanke an so viel Rauskotze schlecht wird, schaffte es schnell und locker in den vierstelligen Bereich.

(Ganz ohne Bild vom Fotostudio nebenbei. (Wobei mir diese natürlich schon gewisse Dienste erweisen, die ich jetzt ein bisschen ausnütze. (Das könnte jetzt ein Gemisch von Ironie und Ernsthaftigkeit sein – ich weiss es selbst noch nicht so recht.)))

Fürs Fotostudio bin ich zur Zeit eh nicht ganz fit: Hab die Beine voller kleinerer und grösserer roter Flecken (Mückenstiche und Ameisenbisse), eine Entzündung unter dem grossen Zehennagel des linken Fusses, nach wie vor und trotz Moxibustion, die zwar genützt hat, jetzt aber wieder dringend nötig wäre, ziemlich tiefe Risse im linken Fuss, schöne Narben am rechten Fuss und einen erstaunlich schmerzhaften Schnitt mit der Schere, einen Scherenschnitt sozusagen, im linken Mittelfinger, da ich beim Zurechtschneiden der Tapes etwas ungeschickt war…: dumm gelaufen.

Die Tapes sollten die nach-OP-Schwellungen unter Kontrolle halten, was bei dieser Hundehitze nicht ganz einfach ist. Vor allem am Abend muss ich mich manchmal hinlegen, um Abhilfe zu schaffen…; sonst könnte dies gefährlich werden.

Und wenn wir schon bei der Hundehitze sind: Sie setzt Menschen mit chronischen Erkrankungen (noch) mehr zu als gesunden Menschen. Gerade in meinem Fall, wo mehr oder weniger dauerhaft erhöhte Temperatur, also ein sogenannter subfebriler Zustand (immer leicht unter dem Fieber), zum ganzen Paket dazugehört, sind Aussentemperaturen von über 30 Grad eine besondere und ebenfalls potentiell gefährliche Herausforderung, der ich jedoch mit Gelassenheit und Humor zu begegnen versuche.

Schlimmer sind die Klimaanlagen, da sie nicht einfach Kühle, sondern künstliche Kühle erzeugen. Das war im Hotel in München ziemlich schlimm, sodass ich erstens nicht gut schlafen konnte und zweitens die rheumatisch bedingten Schmerzen im linken Schulter- und Nackenbereich verstärkt wurden:

SLE gehört zum rheumatischen Formenkreis, auch wenn die Erkrankung mehrere innere Organe mitbetrifft. Auch die Augen sind oft mitbetroffen; das ist ein zusammenhängender Komplex, den Laien meistens nicht kennen, Ärzt(inn)en hingegen klar ist.

Abgesehen von meinem Problem wegen der wirklich unangenehm stark eingestellten Klimaanlage war das Wochenende in München aber sehr schön: Das Konzert von Pippo Pollina, Werner Schmidbauer und Martin Kälberer, die sich auch nicht zu schade waren, unmissverständliche politische Bekenntnisse abzugeben, die zwei Kinobesuche (Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, sowie Mamma Mia 2), der Spaziergang im Olympiapark, wo Chiara und Naila in den aufblasbaren Ballons auf dem See sowie auf dem Trampolin auf ihre Rechnung kamen, der gemütliche und reichliche Brunch bei unseren Freunden und die anschliessende Schattenspiel-Darbietung der beiden Mädchen sorgten für Erholung und Vergnügen.

Am besten erholen kann ich mich jeweils im Tessin und die Wärme brachte die oben erwähnten rheumatisch bedingten Schmerzen sofort zum Verschwinden – sozusagen mit dem Durchqueren des Gotthards setzte die Linderung ein. Dafür sind sonst ein paar Malheurs passiert (siehe oben); das blödste von allen ist jedoch, dass ich gestern Nachmittag mit dem rechten Fuss umgeknickt bin, als wir die Treppe vom Haus zum Vorplatz hinuntergingen. Nora war hinter mir, wir machten uns gerade auf den Weg zum Abschlusskonzert des Perkussionskurses, den Taieb und Hjalmar, mit denen wir zur gleichen Zeit schwanger waren, besucht hatten. Nora war also hinter mir und rief nur noch: „Uii…!“

Ich versuchte auf der ganzen Fahrt, nicht gross daran zu denken, liess mir möglichst wenig anmerken und unterhielt mich mit der musikalischen Neuentdeckung für mich: Marco Zappa. Coole Musik, cooler Typ, ganz ohne Allüren, obschon er durch verschiedene Länder tourt und seine Website sehr überzeugt.

Am Abend kochte ich Risotto mit Zucchetti und Thymian, nachdem ich am Dienstagabend einen Auberginen-Feta-Gratin zubereitet und am Mittwochabend, Taiebs elftem Geburtstag, dafür gesorgt hatte, dass jede(r) seine/ihre eigene Pizza kreieren konnte. Das Kochen war mit dem Schnitt im Finger etwas schwierig; am meisten weh tat aber das (operierte) Fussgelenk.

Klar, ich wusste, dass das, was mir vor der Operation ungefähr einmal pro Woche passiert war, auch nach der Operation wieder passieren würde – einfach viel seltener. Aber ein komisches Gefühl ist es dann eben trotzdem; vielleicht, weil ich insgeheim doch gehofft hatte, es würde nie wieder passieren; vielleicht, weil Angst aufkommt, es könnte etwas kaputt gegangen sein.

Na ja…, mal sehen; ich muss das morgen jedenfalls einem Arzt zeigen, was mir sehr ungelegen kommt, da ich vor unserer Abfahrt nach Heidelberg am Sonntagmorgen noch einiges erledigen möchte und vor allem keine Lust habe, mit Krücken an dieses Konzert zu gehen. Mal sehen und hören…; es tut schon ziemlich weh.

Als wir am ersten Abend mit Aslan der Melezza entlang durch den Wald spazierten, fragte mich Nora, ob ich mich erkältet hätte oder allergisch auf Blätter oder Gräser sei:

Meine Nase lief, das stimmte…, aber ich bin weder allergisch noch hatte ich mich erkältet. Sie hatte sich einfach wieder einmal solidarisch mit dem Hals erklärt: Weil mit dem fast ständig etwas ist, schliesst sie sich manchmal an und benimmt sich in der gleichen autoimmun-hinderlichen Art. Aber es ist so immer noch viel besser ist als vor der Operation Ende November 2014 – die chronischen Entzündungen in der Nase und den Nasennebenhöhlen und die damit verbundenen Beschwerden konnten weitgehend behoben werden.

Und es tut mir heute noch leid, dass ich dadurch den vorweihnachtlichen Stress meiner damaligen Arbeitskollegin S. B. erhöhte, und ich finde es heute noch ätzend, dass sie bei der Schulleitung nachfragte, wer denn die zusätzlich anfallenden Kosten übernehme.

„Verwarnung“, „Verweis“, „Entlassungsgrund“ sind so die drei Haupt-Reaktionen, die mir Freunde, aber auch Ärzte und Arbeitgeber nennen, wenn ich davon erzähle. Diese Schulleitung unternahm nichts, rein gar nichts. (Und nein, für „feige“ habe ich leider immer noch kein Synonym gefunden – auch in den weiten Wäldern des Tessins nicht.)

Wobei: Es wäre ja eh alles nur Symptombekämpfung gewesen. Die eigene Kacke, die einen Menschen so bösartig, so hinterhältig und so falsch werden lässt, würde sich einfach woanders ausbreiten und ein anderes „Opfer“ suchen.

(Aus den „Opfern“ immer Mittäter(innen) zu machen, ist übrigens auch so eine billige und fiese Strategie, um den Wahrheiten nicht ins Auge blicken zu müssen. (Auch so angeplappert in Seminaren für sogenannte Führungskräfte und nachgeplappert bei jeder Gelegenheit, wo Mut gefragt wäre, wo ein Zeichen gesetzt, ein Exempel statuiert werden müsste.))

Dafür ist dieselbe Schulleitung Meisterin darin, die Chronologie der Abläufe seit Herbst 2015 umzukrempeln. Ich bin ja gespannt, was sie dazu an der Verhandlung zu sagen hat: gar nichts wahrscheinlich – wie zur FB-Ausspioniererei. (Was ja noch viel mehr aussagt als eine Aussage…)

Na gut, die E-Mails sowie die medizinischen Dokumente, die ich schon habe oder noch am Beschaffen bin, zeigen deutlich (und für mich erschreckend), wie es wirklich war: Ich merkte schon nach meinem Kurztrip nach Bukarest, also an dem Wochenende im Arlberg im November 2015, dass etwas nicht stimmte, da ich beispielsweise für das Korrigieren von Voci-Prüfungen, die ich mitgenommen hatte, mehr als doppelt so lange brauchte wie gewohnt.

Dass es den Auftakt zu meinem längsten und schwersten Schub, für dessen Auslösung höchstwahrscheinlich das Verhalten oben gemeinter damaliger Arbeitskollegin verantwortlich war (Die Strategie mit den „Anschuldigungen“ (aus dem Strategien-Katalog für Papageien, äh Führungskräfte) ist nicht nur zum Gähnen langweilig, sondern auch zum Kotzen menschenverachtend…) und der mein Leben noch einmal gründlich auf den Kopf stellte und erschütterte und mir den letzten Rest Naivität raubte, markierte, konnte ich damals nicht ahnen.

„Und du willst jetzt trotz allem kochen?“, fragte Nora mich gestern Abend. „Ja. Warum nicht?“, erwiderte ich. „Du bist wirklich tapfer, wirklich „tough“…, ich würde an deiner Stelle gar nichts mehr machen.“, fand sie und verschwand im Garten.

Ich stand für eine Weile alleine in der Küche und schaute in die Pfannen: Ich hätte weinen können, ich hätte Nora umarmen können (aber die war bereits in ihren Bohnen gefangen), ich hätte Felipe eine SMS-Nachricht auf sein Steinzeit-Handy schicken können. (Weil er unlängst die gleichen beiden Wörter in einem ähnlichen Satz verwendet hatte und weil ich mich wieder einmal fragte, ob das einfach Zufall war…) Ich tat gar nichts, ich spürte „nur“, wie gut es ab und zu tut, so etwas zu hören: Es ist das einzig Richtige, das einzig Faire. Zwei kurze Worte, die eine grosse Anerkennung ausdrücken.

Und weil ich, wie auch schon erwähnt, habe erleben müssen, dass eben diese Eigenschaften uminterpretiert wurden, mein Aktiv- und Engagiertsein als Hinweis genommen  wurde, dass es mir so schlecht ja nicht habe gehen können, und mir dies – ein einziges Mal nur, aber das ist einmal zu viel – ins Gesicht gesagt wurde, löst die unumwundene Anerkennung von dem, was ist, von dem, womit ich mich fast täglich herumschlage, und insbesondere von dem, was ich trotzdem (ein schwieriges Wort für Möchtegern-Ärztinnen und -Ärzte aus Winterthur…) mache, tiefe und dennoch kaum wahrnehmbare Emotionen aus.

Nora kam aus den Bohnen zurück, wir assen, tranken Wein („Poesia“, der passt irgendwie zu uns beiden, finde ich…) und redeten bis in die Nacht hinein – wie schon so oft. (Und Felí hat sein SMS noch bekommen.)

Ob das Inhalieren nützt oder nicht, kann ich noch nicht schlüssig beurteilen. Dafür habe ich es, wenn der Reizhusten aufkam, zu wenig konsequent angewendet… Und jetzt habe ich andere Sorgen: meinen linken Mittelfinger und mein rechtes Fussgelenk.

– – –

Hier unten noch einmal zwei Fotos von den Kursen auf Kreta, in denen ich die positiven Seiten der ausgeprägten Überbeweglichkeit leben konnte. (Das Umknicken ist eine der negativen…) Und bald zeige ich ein paar Fotos von mir im Bikini – so muss wenigstens niemand mehr mein FB-Account ausspionieren… Ha, ha. (Aber sie sind nicht schlecht, die Bikini-Bilder, das nehme ich schon mal vorweg. Ihr könnt ja dann wieder vom Aussehen auf meinen Gesundheitszustand schliessen… Uff.)

P. S.: Mit „ihr“ etc. sind ein paar ganz bestimmte Personen gemeint – niemand sonst.

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