„Hast du
schon mal in deinem Leben
ein so ausschweifendes Liebesleben
geführt?“,
fragte ihre Freundin sie,
als sie
nach der „open-air“-Lesung
von Usama-Al-Shamani
unter Bäumen im Lindengut-Park & Umgebung
noch
im „Tibits“
einkehrten.
Das heisst,
sie sassen
an dem wunderschönen Sommerabend
natürlich
draussen.
Hummus,
griechischer Salat
und
Brötchen.
Sie waren
vor der Lesung,
die ihr
den irakischen Autoren
und
seine fesselnde wie berührende Geschichte
näherbrachte,
wofür sie
ihrer Freundin
dankbar
ist,
bereits
eingekehrt
– ebenfalls im „Oberen Graben“,
aber in einem anderen Restaurant.
Zu reden
haben sie
immer
mehr als genug.
Zu beobachten
ebenfalls…
„Ja, schon“,
antwortete sie.
„Früher –
jeweils
auf Reisen,
in den Ferien“,
fuhr sie fort.
Die Namen
und
die Gesichter
der Männer
gingen ihr
durch den Kopf.
–
„Ja, schon“,
antwortete sie.
Sie lachten beide.
Sie wusste,
dass ihre Freundin
sehr vieles sehr ähnlich
empfindet
und
sehr vieles sehr ähnlich
sieht
wie sie,
differenziert denkt,
reflektiert
und
niemals
vorschnell
urteilt,
geschweige denn
verurteilt.
Und ja, es stimmt.
Sie hat
zwei Männer
in ihrem Herzen.
Sie hat beide gerne,
beide bedeuten ihr viel,
beide sind ihr wichtig,
für beide würde sie vieles tun.
Beide sehen gut aus,
sehr gut sogar.
Beide haben dunkle Haare,
beide sind schlank.
Beide sind südländisch,
der eine türkisch,
der andere algerisch.
Beide sind schöne Männer,
sehr schöne sogar.
Beide lächeln unwiderstehlich,
beiden haben eine betörende Ausstrahlung.
Beide sind jünger als sie,
der eine 15 Jahre,
der andere zehn Jahre.
Beide waren
bereits
in der zweiten Hälfte 20,
als sie in die Schweiz kamen.
Beide reden daher
nicht sehr gut Deutsch,
aber gut genug,
dass sie sich mit ihnen
austauschen & unterhalten kann.
Und beiden hört sie sehr gerne zu,
wenn sie
in ihrer jeweiligen Muttersprache
reden.
Beide üben einen Job aus,
für den sie sie bewundert.
Nicht „easy“ – nein.
Aber sie tun es,
ohne sich zu beklagen
– im Gegenteil.
–
Es war am letzten Tag im April,
in Zürich im Mascotte an der „Arabique“-Party.
Sie hatte die Annäherungsversuche eines Typen (halb Tunesier, halb aus Polen oder Russland (sie hat es, da er ihr nicht gefiel, vergessen…)) ausgeschlagen.
Und tanzte ein bisschen
in einer Gruppe von ein paar Frauen.
Plötzlich stand er vor ihr.
Er gefiel ihr,
sie gefiel ihm.
Er lachte sie an.
Dann verloren sie sich aus den Augen.
Aber nicht für lange.
Vielleicht eine halbe Stunde später
oder auch etwas mehr
kreuzten ihre Wege sich
zum zweiten Mal.
Er lachte sie wieder an,
sie lachte ihn ebenfalls an.
Er streckte ihr seine Hände entgegen,
sie gab ihm ihre.
Von da an
nahm alles seinen Lauf
wie von selbst.
Sie tanzten zusammen,
sie lachten zusammen,
sie redeten,
so gut das
in der Musik
eben ging.
An der Bar,
wo er sie auf einen Drink einlud
und
sie sich,
da sie keinen Alkohol mehr trinkt,
für einen Cranberry-Saft
entschied,
erzählten sie einander ein bisschen von sich.
Sie war
sowohl fasziniert
wie auch berührt
von seiner Geschichte.
Besonders lustig war
die Frage nach dem Wohnort.
Gleiche Stadt,
gleicher Stadtteil.
Eine
oder,
je nachdem wie man es betrachtet
(denn sie wohnt nicht an einer Strasse,
sondern quasi zwischen zwei Strassen)
keine
Strasse
zwischen ihrem Haus und seiner Wohnung,
Nachbarn gewissermassen,
„Fast-Nachbarn“.
Den ganzen verbleibenden Abend,
die ganze Nacht
bis in die frühen Morgenstunden
gaben sie sich
den arabischen Klängen & Rhythmen
hin,
tanzten
mal locker,
mal innig,
zwischendurch
etwas ruhiger,
meistens aber
ausgelassen
und
wild.
Er war,
obschon sie gut tanzt,
ihr Tanzlehrer
…;
versuchte,
mit mehr oder weniger Erfolg
ihr
ein paar Schritte
bzw. seinen Tanzstil
beizubringen.
Sie konnte das,
da er es
vollkommen humorvoll
meinte
und
machte,
auch vollkommen annehmen.
Es war
null überheblich
null besserwisserisch,
null herablassend.
Es war
einfach
natürlich,
authentisch,
fröhlich.
Es war
fliessend,
geschmeidig,
anziehend.
Es war
echt,
so echt.
Und eben
humorvoll,
so humorvoll.
Wunderbar…
Unbeschreiblich
auch.
Sie wird es
nie
abschliessend beschreiben
können,
und
ich, die Autorin,
werde es ebenfalls
nie
können.
Darum kann ich auch
keinen Erzähler,
keine Erzählerin
einsetzen,
der,
die
es kann.
Irgendwie ja logisch…
So lassen wir es
einfach
bei
wunderbar.
Oder
magisch.
Ja, das trifft auch gut zu
und fängt vieles,
wenn auch nie alles,
ein.
Magisch.
Immer wieder
auch erotisch
und
durchaus „dirty“.
Sie spürte
seine Hand
in ihrer Unterhose,
vorne,
tiefer und tiefer.
Sie genoss es
und dachte nur bei sich:
„Nur kein Video,
nur das nicht
– jedenfalls keines,
das veröffentlicht wird…!“
🤪
–
Er wollte bis zum Ende um fünf Uhr bleiben;
sie
sowie
sein Kollege
fanden um vier Uhr,
dass es nicht mehr besser werden würde,
und waren dafür,
den Zug um 4.08 Uhr zu nehmen.
Er fügte sich der bescheidenen Mehrheit
und
sie beeilten sich
um den Zug eben zu erwischen.
Dabei fiel ihm ein,
dass er noch ein Billet brauchte,
was sie ganz knapp noch schafften.
Auch die Zugfahrt zu dritt war lustig,
die Busfahrt zu zweit ebenso.
„Ich lass‘ dich nicht allein‘ nach Hause,
ich komm‘ zu dir“,
hatte er ihr schon beim Tanzen angekündigt.
Und sie hatte gelächelt,
sie war nicht nur einverstanden damit,
sie wollte das auch,
fand es aufregend und schön.
Die letzten paar Minuten noch im Auto;
dann half er ihr den Stuhl mit dem roten Polster,
den sie gekauft hatte,
ins Haus zu tragen.
Danach gingen sie in ihr Schlafzimmer.
Es ging schnell,
das Vorspiel hatten sie längst gehabt.
Sie findet es sexy,
wenn es auch mal schnell gehen kann.
Er sah nicht nur ihren Körper,
der ihm gefiel,
er sah auch ihre Seele.
„Du bist so lieb zu mir“,
sagte er zu ihr.
Sie gab ihm einen Kuss auf den Bauch
und
fuhr ihm über seine schönen Haare.
Er nahm sich das hellviolette Kissen
in Form einer Eule
und
drückte es an sich.
„Das ist jetzt meins“,
flüsterte er.
– –
Und noch ein Quäntchen Literaturtheorie
in vereinfachter Form:
Autor(in):
Person, die den Text geschrieben,
also die Wörter, Sätze & Abschnitte aneinandergereiht hat
Erzähler(in):
kann die gleiche Person sein,
ist aber oft eine andere vom Autor/von der Autorin (erfundene und) eingesetzte Instanz,
die aus ihrer Perspektive erzählt
&
evt. auch kommentiert
Figuren:
Personen im Erzählten,
die realen Personen entsprechen können
oder
frei erfunden sein können.
Natürlich sind auch Mischformen möglich.
-> Also:
immer aufpassen
mit vorschnellen Schlüssen oder gar Urteilen…!