Zuhören

Wir haben eine Packung Adventstee zu Hause, in der für jeden Tag ein anderer Tee drin ist. Es ist eine Art Adventskalender für Teeliebhaber. Ich habe diese Tees sehr gerne.

Am 14., dem Tag des Treppensturzes, hiess der Tee „Wieder gut!“-Tee. Das war für mich dann eher ironisch… Bis diese Sache wieder gut ist, werden ein paar Wochen oder gar ein paar Monate vergehen.

Am 15. hiess er „Freier Atem“-Tee. Das hoffe ich, dass ich bald wieder frei atmen kann… Die Erkältung verhindert seit zwölf Tagen freies Atmen & seit dem Sturz ist es zudem schmerzhaft, sodass ich befürchte, die Lunge habe doch etwas abbekommen.

Am 16. lautete der Name „Glückstee“. Glück im Unglück habe ich auch bei diesem Sturz wieder gehabt. Ich darf gar nicht daran denken, was hätte passieren können…

Am 19. folgt dann die „Weisse Inspirationsquelle“ & am 20. der „Starke Wille“. Inspirationsquellen habe ich viele & mein Wille ist sicher stark. Auch wenn er immer wieder getestet wird – momentan etwas zu fest für mein Gutdünken. 🙂

Am 21. fliegt der „Schutzengel“ herbei. Diesen Tee „muss“ ich besonders geniessen; vom Schutzengel fühle ich mich nämlich ein bisschen im Stich gelassen. Mal sehen, was morgen bei den Untersuchen rauskommt.

Den Termin habe ich um 13.40 Uhr. Ich muss mit ungefähr einer Stunde rechnen, was nicht weiter schlimm ist. Ich bin mir andere Längen gewohnt… Nur so kurz vor Weihnachten bringt es zusätzliche Organisations- & Koordinationsschwierigkeiten mit sich.

Ich mache mir zwar keinen Stress aus Weihnachten, weil das ganz & gar nicht der Sinn von diesem Fest ist. Aber es ist mir schon wichtig, Geschenke für die Familie zu haben wie den Brief zu schreiben. Den ich verschiedenen Personen, die mir in diesem Jahr auf ihre Art geholfen haben, mit einer CD oder einer der wunderschönen Weihnachtskugeln aus Seattle – in Victors Andenken – schicken oder geben möchte. Das habe ich noch nie so gemacht… Vielleicht kann ich ihn heute noch schreiben.

Mit Unterbrüchen – ich kann nicht lange sitzen. Meine Texte kommen möglicherweise seit Mittwoch nicht (mehr) wie aus einem Guss daher, da ich das Schreiben mehrmals unterbrechen muss. Im Stehen zu schreiben, wäre sehr ungemütlich. Auf dem Bauch liegend, passt ebenfalls nicht.

Den rechten Arm kann ich sowieso nicht für vieles einsetzen & bin schon froh, dass das Tippen geht. Ich bringe ihn nicht einmal bis an die untere Rückenhälfte, auch nicht an die rechte, wo die Schmerzen am stärksten sind. Der Reflex, hinzugreifen, funktioniert mit dem rechten Arm nicht. Mit dem linken schon; der hat nicht viel abbekommen. Die linke Hand brauchte ich wie die rechte zum Aufstützen beim Fallen; darum sind beide Hände betroffen, die rechte aber auch deutlich mehr.

Ich hoffe sehr, dass ich ab nächster Woche wenigstens mit der linken Hand wieder ein wenig Klavier spielen kann. Dann halt nur Akkorde ohne Melodie, aber besser als gar nichts. Querflöte spielen kann ich zur Zeit nicht; ich kann sie nur kurze Zeit halten & schon gar keine Griffe ausführen.

Das kommt früher oder später alles wieder, ist jetzt einfach schade für die Weihnachtslieder. Ich kann ja nicht gut im Frühling Weihnachtslieder spielen, wenn die anderen im Quartier am Ostereierfärben sind. Nein, so ganz einfach ist es für mich nicht, da ich die Weihnachtslieder besonders gerne spiele.

Aus der Gesangsstunde morgen, die ich schon wegen der Erkältung um eine Woche hatte verschieben müssen, wird ebenfalls nichts. Ich habe genau dann den Termin für die Ultraschall- & weiteren Untersuchungen. Also muss ich sie halt noch ein zweites Mal verschieben.

Sandra meinte sowieso, ich solle auf keinen Fall singen, solange mir „alles“ weh tue. Ich hatte ihr das gar nicht so geschrieben, aber genau wie punkto chronische Erkrankung war ich erleichtert, als ich merkte, dass andere verstehen, ohne dass ich „alles“ im Detail erzählen & erklären muss. Ich hatte ihr lediglich von den Prellungen geschrieben.

Auch dass längeres Sitzen anstrengend & schmerzhaft ist, hatte ich nicht erwähnt. Doch sie fragte mich sofort, ob es gehe, da ich ihr mitgeteilt hatte, ich wolle meine Einladung zum Mittagessen am Dienstagmittag unbedingt einhalten. Statt nach W. fahren wir nach B.; eine Autofahrt von zehn Minuten halte ich aus, 30 bis 40 Minuten wären zu viel.

Gestern fuhren wir an den Ort, in dem ich aufwuchs: 20 Minuten. Auf dem Rückweg hielt ich es knapp aus; auf dem Hinweg brauchte ich eine kurze Pause – eine Stehpause. Zudem kann ich mit dem Rücken die Lehne nicht berühren; es erinnert mich jedes Mal ans Cellospielen von früher.

Im Ort, wo die Katze hingeht 😄, erledigten wir verschiedene Einkäufe. Ich war positiv überrascht & froh, dass gar nicht sooo viele Leute unterwegs waren. In einem Radio- & Fernsehgeschäft, einem Ein-Mann-Betrieb, wo auch meine Mutter hingeht, kauften wir zwei Radios. Der Inhaber war gerade mit einem älteren Herrn im Gespräch & unterbrach es, da es privat war, als wir hineinkamen.

Ich hatte gehört, dass der ältere Herr ihm von einer Frau, die eine Hüftoperation gehabt hatte, berichtete. Er hob mehrmals hervor, dass sie gar keine Kugel mehr im Gelenk gehabt habe, was erst spät festgestellt worden sei. Also sagte ich, wir könnten schon warten & sie sollten nur fertig miteinander reden. Der ältere Herr erzählte seine Geschichte zu Ende. Darauf verabschiedete er sich zuerst vom Ladeninhaber, dann von mir & wünschte mir ein schönes Wochenende.

Ich wusste, dass ich das „Richtige“ getan hatte. Er hatte seine Geschichte loswerden & teilen müssen – und das war gut so. Wenn ich das nächste Mal die Gelegenheit habe, einen Menschen seine Geschichte loswerden & teilen zu lassen, werde ich es wieder tun. Als Zuhörerin selbst oder wie gestern als diejenige, die das Zuhören nicht stört. Ich habe selbst viel zu lange viel zu wenig über mein Doppelleben, wie ich es einmal genannt habe, berichtet. Irgendwann hatte so vieles sich angestaut, dass ich es kaum noch aushielt. Wenn ich dazu beitragen kann, dass anderen das nicht auch oder zumindest weniger ausgeprägt passiert, dann möchte ich es tun.

Wir kauften also zwei Radios & hätten 50 Franken Rückgeld erhalten. Stattdessen gab er mir 70. Er meinte, die 20 seien für die Fahrt. Und er schätze es sehr, dass wir ihn berücksichtigen würden.

Die Geste fand ich sehr nett. „Für die Fahrt“, meinte er also & konnte nicht ahnen, wie recht er damit hatte. Bloss in einem anderen Sinn… Ich nahm sie dankend entgegen.

Für die Stehpause… 😉

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