Der tunesische Teppich

Für das Konzert von Pippo Pollina und seinen Gästen im Zürcher Volkshaus heute Abend, das wir mit unseren Freunden aus München besuchen, hätte ich gerne meine „normalen“ Schuhe angezogen, aber leider komme ich drei Monate und fünf Tage nach der Operation am rechten Fuss noch immer nicht in meine „normalen“ Schuhe hinein. Habs gestern Mittag ausprobiert: keine Chance. So bin ich halt weiterhin gezwungen, in diesen alten, ausgelatschten Halbschuhen herumzulaufen. Diese schränken zudem meine Kleiderwahl ein: Sie passen nun mal nicht zu Jupes, zum Beispiel.

A propos Kleiderwahl: Meine beiden Lieblingsjeans passen mir nicht mehr. Das finde ich gar nicht lustig, auch wenn die Gewichtszunahme erwünscht gewesen war und die Ärztin mir, wenn es schon nicht mehr anders ging, eben das Medikament, das wegen der Gewichtszunahme verpönt ist, verschrieben hatte:

Mit der Absicht und in der Hoffnung, dass ich – insbesondere kombiniert mit der Nach-OP-Bewegungsarmut – ein paar Kg zunehmen würde. Was auch passierte und was ich nicht nur begrüsste, sondern geradezu genoss. Bis ich eben merkte, dass mir die beiden dunkelblauen, engen Jeans nicht mehr passen. Taieb spannte sie daraufhin über einen Stuhl, um sie zu weiten; obs funktioniert, habe ich noch nicht getestet.

A propos Medikament: Auch dieses habe ich höchstwahrscheinlich meinem ehemaligen Arbeitgeber zu verdanken. (Böse Anschuldigung, ich weiss schon. Wer sich wehrt, ist immer die „Böse“. So simpel ist diese Strategie.)

Wir hatten alles versucht, damit es nicht so weit kommen würde; wir hatten pflanzliche Mittel ausprobiert, und ich habe seit meinen ersten Kortisonbehandlungen 2012 trotz massivsten Schlafentzugs nie an Chemie gedacht. Vielleicht war das ein Fehler; das mag sein. Aber es kam mir schlicht nie in den Sinn, danach zu fragen.

Zudem putschte das Kortison auf; der Hammer kam jeweils mit dem Ausschleichen, also mit dem langsamen und kontrollierten Absetzen des Kortisons. Aber jedes Mal, wenn ich tod-, todmüde war, kam eine Nacht, in der ich schlafen konnte. Oft war dies nicht der Fall, aber jedes Mal gerade rechtzeitig, um die Katastrophe zu verhindern.

Bis im vergangenen Winter. Da kamen diese Nächte gar nicht mehr. Nie. Egal, wie tod-, todmüde ich war: Ich konnte überhaupt nicht mehr schlafen. Weil die unglaubliche und unerhörte Geschichte mit meinem ehemaligen Arbeitgeber, vor allem diese fiese und armselige Hinhalte-, Ignorier- und Zermürbetaktik, dazu führte, dass ich nicht mehr einschlafen konnte; auch nicht nach drei, vier, fünf schlaflosen Nächten; auch nicht im körperlichen Ausnahmezustand; auch nicht, wenn die Müdigkeit den ganzen Körper durchdrungen und mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hatte. Das war der Punkt, wo ich definitiv keine Wahl mehr hatte, und das war in der Zeit, wo ich notfallmässig zu einer für mich neuen Ärztin nach Bülach musste, weil mein Hals dermassen entzündet war, dass ich kaum noch reden, kaum noch schlucken und kaum noch atmen konnte.

Sie sah die roten Flächen, sie sah die kleinen Löcher im Hals (siehe letzter Beitrag), und: Sie nahm die Tatsache, dass ich seit sechs Jahren unter massiven, kortisonbedingten Schlafstörungen litt, ernst. Sie handelte und beschwichtigte mich gleichzeitig: Das Medikament, das ich jetzt einnehme, macht beispielsweise nicht abhängig, sodass ich es, wenn die leidigste Geschichte meines Lebens „vorüber“ ist, problemlos absetzen kann.

Meistens vertrage ich es gut; zwischendurch gibt es jedoch Tage, an denen ich mit Nebenwirkungen kämpfe. Nämlich dann, wenn ich den Wirkstoff nicht richtig ausschlafen konnte. Dann fühle ich mich wie weggetreten und kann eigentlich nur aufs Bett liegen. Zum Glück kommt dies relativ selten vor, und zum Glück kann ich dies auch selber steuern: indem ich das Medikament am Abend früh genug einnehme und rechtzeitig ins Bett gehe. Aber so einfach, wie es tönen mag, ist es trotzdem nicht; ich lebe ja nicht als Einsiedlerin, mein Rhythmus wird nicht nur von mir bestimmt…!

Und à propos München: Warum habt ihr keine Bilder von München ausgedruckt? Da war ich nämlich im Juni 2016. Da hättet ihr doch ein paar hübsche Fotos von Naila im Hoteleingang oder im Zug auftreiben können. Die habt ihr offenbar verpasst, vielleicht hat euch die LAP-Zeit so beansprucht, dass für Ausspionieren keine Zeit mehr blieb. Oder vielleicht war euch die Farbe ausgegangen; das könnte auch sein. Oder ihr hattet ausgerechnet, dass Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen. Ha, ha.

Wie dem auch sei: Fotos von München fehlen im „Facebook“-Dossier, obschon ich mir die Freiheit nahm, für ein verlängertes Wochenende nach München zu reisen; die Münchner Freiheit gewissermassen.

Für Naila hatte ich einen Jokertag bezogen. Ich reise sehr gerne mit „nur“ einem Kind, und Naila versteht sich überdies tip top mit Chiara, der Tochter unserer Freunde. Die Tage in München habe ich in guter Erinnerung; sie brachten die Abwechslung und die Ablenkung, die im Leben mit chronischen Erkrankungen besonders notwendig und besonders hilfreich sind.

Damals war klar, dass Prednison versagt hatte; Therapieversagen, nennt man das. Meine Blutwerte waren noch im Mai katastrophal gewesen; ich war mitten in einer weiteren Infusions- und Spritzentherapie. Die Mangelzustände, die meine Erkrankungen verursachen, sind nicht vergleichbar mit denjenigen, die üblich sind und häufig vorkommen. Sie sind sehr viel ausgeprägter, die Werte sehr viel tiefer.

Mein Eisenwert beispielsweise war damals so tief, dass ich umgehend zu einem Notfalltermin für eine Doppelinfusion aufgeboten wurde; meine Werte des gesamten B-Komplexes waren so schlecht, dass sie alleine schon – ganz ohne persönlichkeitsverändernde Medikamente, die ich immer wieder einnehmen musste, und ganz ohne massiven Schlafmangel über sechs Jahre hinweg – ausreichend erklärten, warum ich manchmal die Nerven verlor. (Das habt ihr bestimmt gewusst, ihr Biochemiker und Hobby-Mediziner…!)

Wir versuchten es noch einmal mit Prednison – in noch höherer Dosis über eine noch längere Zeit hinweg. Ende August war der Schub vorbei; die Nachwirkungen waren jedoch so heftig und so einschneidend, dass mein Internist entschloss, bei mir kein Prednison mehr einzusetzen. Darum kam, als der Unfall im Dezember 2016 einen erneuten Krankheitsschub auslöste, Imurek zum Zug. Imurek mit dem Wirkstoff Azathioprin: ein Immunsuppressivum und Zytostatikum, eingesetzt bei Organtransplantationen oder Leukämien. (Vielleicht brauche ich ihn eines Tages ja in dem Zusammenhang, wer weiss…)

Zur Zeit sind meine Nährstoffwerte im grünen Bereich, sodass wir mit den nächsten Kontrollen bis Ende Juni warten können. Immerhin das: Der einstündige Termin auf der Onkologie am kommenden Mittwoch und die ungeplante Nacht in der Schulthess Klinik vom vergangenen Montag auf den Dienstag reichen nämlich vollkommen aus, um mein turbulentes Leben immer schön turbulent zu halten.

Vor dem einstündigen Termin auf der Onkologie habe ich eine Fussreflexzonenmassage, ebenfalls in Bülach; am Nachmittag habe ich ein Gespräch an einer Schule, da ich für die Zeit, bis ich die Nachfolge einer Bekannten übernehmen kann, eine Zwischenlösung suche.

Darüber berichte ich im Verlauf des Jahres mehr; ich warte lediglich den richtigen Zeitpunkt ab. Und darüber, was mein ehemaliger Arbeitgeber ursprünglich im Arbeitszeugnis geschrieben hatte, berichte ich eines Tages ebenfalls ausführlicher. Das würde alleine schon genügen, um zu zeigen, dass er alles daran setzt(e), um mir das Leben so schwer wie möglich zu machen. In dieser im letzten Beitrag beschriebenen krankhaften Besessenheit, er müsse mir etwas missgönnen und sich dafür rächen. (Was für ein Verrat, was für ein Verrat an euch selbst!)

Dass meine Abwesenheit euch umtrieb, dass ihr mir Ferien missgönntet, ist „nur“ dadurch zu erklären, dass ihr selbst unzufrieden, unerfüllt, überfordert und überlastet wart/seid. Ich hatte etwas bekommen, was ihr selbst dringend gebraucht hättet, selbstverständlich und programm-mässig aber nie und nimmer zugeben würdet. Ansonsten hättet ihr euch niemals so verhalten, sondern wärt einfach froh und dankbar gewesen, eben gerade NICHT in meiner Situation zu sein. Was das einzig Richtige, das einzig Faire gewesen wäre, das einzig, einzig Einzige.

Den Besuch bei Herrn Kurmann habe ich ja ebenfalls besagtem Arbeitgeber zu verdanken. Meine Reaktion darauf sowie die Meinung meiner echten Ärzte und Ärztinnen habe ich im Beitrag „Sehr geehrter Herr K.“ zusammengefasst. Den haben über 10‘000 Menschen gelesen, obschon ich damals noch keinerlei Verbreitung meines Blogs betrieb und eben erst damit angefangen habe.

Ihr habt die Zeugnisse meiner Hausärztin angezweifelt? Derjenigen Person, die mich schon im November 2015 krankschreiben wollte und mit der ich mich im Dezember 2015 beinahe gestritten hätte, weil ich die Krankschreibung bis zum Semesterende hinauszögern wollte?! Ist euch eigentlich mal aufgefallen, dass ich im Januar 2016 – völlig entgegen meinen jahrelangen Gewohnheiten (!) – nicht mehr in die Pause ins Lehrerzimmer kam? In keiner einzigen der längeren und keiner einzigen der kurzen Pausen?! An keinem einzigen Morgen und keinem einzigen Nachmittag?! Ist euch das mal aufgefallen? Wenn ja, was habt ihr euch dabei gedacht? Habt ihr überhaupt etwas gedacht? Was denkt ihr, wo ich jeweils war und was ich machte?! Denkt ihr überhaupt etwas?

Ihr habt die Zeugnisse meiner Hausärztin angezweifelt, die mich unendlich viel besser kennt als Herr Kurmann, die über meine Krankengeschichte unendlich viel besser Bescheid weiss und die fachlich und menschlich unendlich viel kompetenter ist als euer Herr Kurmann, euer empathieloses, psychisches Wrack (Ausdruck einer Ärztin), euer eiskalt berechnender, ach so unabhängiger (Ha, ha, auch DAS wolltet ihr mir weismachen, aber ganz so dumm bin ich eben nicht…) Versicherungsarzt, der – als ein einziges Beispiel von zahlreichen (siehe meinen Brief an ihn) meine Gelenke für klinisch völlig unauffällig hielt…!

Diese klinisch völlig unauffälligen Gelenke werden auf meiner Diagnoseliste, die wir für euch, die ihr ja so ganz plötzlich alles vergessen hattet (ha, ha…), erstellt haben, zuoberst aufgeführt. Vor ganz viel anderem…

Und an einem dieser klinisch völlig unauffälligen Gelenke hat also ein Chirurg der Schulthess Klinik, nachdem mehrere Ärzte und Ärztinnen diese Gelenke begutachtet hatten, herumgebastelt und herumgewerkelt, weiter vorne am Fuss mal schnell einen Knochen gebrochen und ihn mit ein paar Schrauben „besser“ zusammengesetzt und am Gelenk selbst eine total überflüssige arthroskopische Stabilisierung durchgeführt. (Die Bruchstelle und die Schrauben sehen auf dem Röntgenbild übrigens super aus.)

Weil er sonst ja nichts zu tun hat, weil es ihm sonst langweilig wäre, weil er mich gerne ein bisschen als Versuchskaninchen missbrauchte, nicht? So seht ihr das doch, so müsst ihr das doch sehen. Euren Herrn Kurmann habt ihr schliesslich, um eure Feigheit und euren dreckigen Geiz zu legitimieren, nicht?

Die gleiche Operation steht mir am linken Fuss bevor; was mit den Knien, Ellbogen und Handgelenken sein wird, die ebenfalls, wenn auch zum Glück (deutlich) weniger, betroffen sind, möchte ich (noch) gar nicht wissen.

Am Montagabend wurde ich notfallmässig in die Klinik eingeliefert; die Entzündung der Sehnenplatte unten am Fuss war auf den linken Fuss übergegangen, weil der zu sehr belastet worden war. Kurz nach einer „coolen“ Gesangsstunde bei Sandra, nach der ich noch mit Roland, ihrem nachfolgenden Schüler, der ein ganz kleines bisschen was von Chris de Burgh hat, „herumgewitzelt“ hatte, ob er mit mir ein Duett singen wolle, konnte ich überhaupt nicht mehr gehen. Da nützten weder Krücken noch Schmerzmittel – es ging schlicht nichts mehr.

Mein Mann und Taieb waren im Fussballtraining, Naila war mit Freundinnen am Spielen, bevor ihr Theaterkurs anfing. Ich wollte sie nicht in ihren Aktivitäten stören – das versuche ich, wenn immer möglich. Pia hat kein Auto, Felí wohnt zu weit weg.

Also fuhr mich der Freund, mit dem ich am Samstagabend dem Zürichsee entlangspaziert war und im „Lake Side“ zu Abend gegessen hatte, in die Klinik, wo ich mit einem fahrenden Bett abgeholt, sofort behandelt und danach in ein Einzelzimmer gefahren wurde. (Das Schreiben meines Internisten wirkt nachhaltig bzw. ist – wie meine extreme Reaktion auf das Opioid – gespeichert.)

Dort musste ich die Nacht über bleiben, und wenn das durchgehende, intensive Kühlen nicht genützt hätte, wäre ich am folgenden Mittag nicht entlassen worden.

Zwei Stunden später stand ich bei Raffael im Studio und nahm unter seiner und Olis Anleitung „Lonely Sky“ ein zweites Mal auf. Ohne Einsingen, ohne Vorbereitung, nur mit frischem Ingwer und Holunderblütensirup, an die ich sogar gedacht hatte, bewaffnet. (Den Witz mit den Waffen mach ich jetzt nicht wieder; die Strafanzeige war der Höhepunkt der im letzten Beitrag beschriebenen Krankhaftigkeit, die eben keine KrankHAFTigkeit mehr, sondern eine KRANKheit ist.)

Dafür vergass ich anderes und hab an den Abend und die Nacht nur vage Erinnerungen, weil ich in der Aufregung und den Schmerzen immer wieder für einige Sekunden das Bewusstsein verlor, sodass eine Art Filmriss entstand bzw. etliche Filmrisse entstanden:

Sechs Einzahlungsscheine fand ich nicht mehr und war überzeugt, sie in der Hektik irgendwo liegengelassen zu haben. Zwei Tage später fand Naila sie bei uns auf dem Wohnzimmertisch. Ich kann mich in keiner Weise daran erinnern, sie je dorthin gelegt zu haben. Aber macht nichts; inzwischen habe ich sie einbezahlt. 😉

Ob ihr auf den vorangegangenen Bildern gesehen habt, dass ich krank war bzw. für meine Grösse viel zu wenig wog, oder ob ihr gesehen habt, dass ich geschminkt war und nicht mal so schlecht aussah, weiss ich nicht. Ob ihr etwas anderes gedacht hättet, wenn ich die Bilder einfach so gezeigt hätte, ohne Zusammenhang und ohne Kommentar, weiss ich ebenfalls nicht.

Ich weiss „nur“, dass euer Verhalten menschlich und damit psychisch so was von krank war, dass ich mich davon abgrenzen muss und will: Derart krankes menschliches Verhalten hätte in meinem Umfeld, in meinem Leben sowieso keinen Platz.

Hier im Blog schreibe ich zwar darüber, weil ich alles, was ihr mir angetan habt, ohne dass ich euch je auch nur das kleinste bisschen zuleide getan hätte, verarbeiten muss, weil ich nie zuvor mit solch schandhaftem Verhalten konfrontiert gewesen war, weil ich für alle Betroffenen spreche, die ähnliche Erfahrungen mach(t)en, jedoch in vielen Fällen die Energie oder die Ressourcen, sich zu wehren, nicht haben.

Die Energie, die ihr gegen mich auslegtet. Die Energie, die mein ureigenes Wesen ausmacht und deren Missdeutung mich im Innersten verletzt. Der Satz „Du warst viel zu aktiv und zu engagiert, als dass es dir immer wieder so schlecht gegangen sein könnte…“ ist nicht nur zutiefst verletzend, sondern auch zutiefst dumm:

Ihr hättet eine andere Konjunktion verwenden müssen, ihr schlauen Lehrerinnen, womöglich Germanistinnen, und Lehrer. Ihr hättet sagen sollen: „Du warst so aktiv und engagiert, OBSCHON du krank warst.“ SO war das nämlich, SO ist das oft. Ich bin unternehmungslustig, OBSCHON ich krank bin. Ich bin vielseitig interessiert und involviert, OBSCHON ich krank bin. Ich bin ausgelassen, froh und glücklich, OBSCHON ich krank bin. Ich gehe aus und reise, OBSCHON ich krank bin. Ich singe, OBSCHON ich mehr oder weniger permanente Halsentzündungen und oft eben solch kleine Löcher im Hals habe.

Auch gerade jetzt: Jetzt ist der Gaumen entzündet, was ziemlich weh tut. Nicht nur das Singen, auch das Essen ist erschwert. Und wenn die Entzündung dort vorbei ist, kommt bald die nächste. Weil mein Immunsystem zu stark, zu heftig, zu eifrig arbeitet und meint, nicht nur Krankheitserreger, sondern auch körpereigenes Gewebe bekämpfen zu müssen. Weil es überbordet und im Übereifer nicht unterscheiden kann zwischen dem, was zu bekämpfen ist, und dem, was eben nicht zu bekämpfen wäre. Weil es seine Arbeit ZU gut machen will, ZU viel leisten will:

Eine Ärztin in den USA hat diesen Übereifer, dieses Überborden eindrücklich beschrieben, und ihre Studie hat mich besonders fasziniert…: wegen der Intensität im Immunsystem, einer Intensität, die sich bei mir eben durch die ganze Persönlichkeit hindurchzieht (siehe letzter Beitrag).

Was habt ihr noch festgestellt auf den Bildern im letzten Beitrag? Was stellt ihr auf den Bildern hier unten fest? Dass ich keinen Nagellack trage etwa? Ist euch das aufgefallen im letzten Beitrag? Fällt es euch hier auf? Wie auch immer: Es bedeutet nichts Gutes. Wenn ich keinen Nagellack trage, geht es mir wirklich schlecht. (Was den Umkehrschluss jedoch nicht zulässt: Wenn ich Nagellack trage, geht es mir vielleicht auch nicht gut. Aber wenn ich keinen trage, geht es mir wirklich, wirklich schlecht.)

Entzündungen und kleine Blutungen in den Augen habe ich – wie kleine Wunden und Geschwüre auf der Haut sowie vor allem auf den Schleimhäuten im Innern des Körpers – oft. Die Entzündungen sind längst nicht immer sichtbar, da ich ja nicht nur von meistens harmloser Konjunktivitis, sondern auch von der tiefere Strukturen betreffenden Skleritis betroffen bin. Von der eben jeweils nichts zu sehen ist, die ich aber spüre und die mich beeinträchtigt.

Die Fotos stammen übrigens wiederum aus dem Jahr 2016. Als Prednison versagte. Als meine Nährstoffwerte auf einem alarmierenden Tiefstpunkt angelangt waren. Als meine Ärzte sich eine neue Strategie überlegen mussten. (Eure Billigststrategien funktionieren bei meinem komplexen Krankheitsbild leider nicht; da brauchts jeweils ein bisschen Denkarbeit.)

Als ich verzweifelt war. Als ich zu Hause die Treppe hinunterfiel und mir mehrere äussere sowie innere Verletzungen zuzog.

Als ich einmal von meiner Hausärztin nach Hause fuhr und, als ich den Schlüssel für das Garagentor ins Schloss steckte, so starke Schmerzen und Krämpfe bekam, dass ich kaum noch sitzen konnte und zu schreien anfing: darauf Angst bekam, Nachbarn hätten mich sehen oder hören können, mich mit letzter Kraft durch die Türe, die direkt von der Garage in unser Haus führt, schleppte, auf dem tunesischen Teppich, den wir damals in einem der beiden Räume im Untergeschoss ausgebreitet hatten, zusammenbrach und noch merkte, wie das Blut hinauslief: aus der Nase, aus der Scheide, aus der Harnröhre, aus dem Darm. Den Teppich hätten wir reinigen können, aber ich ertrug ihn nicht mehr in unserem Haus. Sein Anblick war für mich zum Sinnbild von Verlust geworden: Verlust an Kontrolle, Verlust an Würde.

Als mein ehemaliger Arbeitgeber und ehemalige Arbeitskollegen und -kolleginnen meinten, ich würde mich vergnügen.

Das war mein Vergnügen – genau. Mein gegenwärtiges Vergnügen ist, dass ich wieder 20 bis 30 Minuten auf unserem Hometrainer fahren kann. (Das reicht für mich auch.) Ausser Atem komme ich trotzdem noch ziemlich schnell. Wenn ich auf den Zug pressieren muss, habe ich ein Problem. Mal ganz abgesehen von den Sehnenentzündungen, die dazu führten, dass ich fünf weitere Tage mit den Krücken gehen oder Schmerzmittel nehmen musste, die jetzt zum Glück so weit zurückgegangen sind, dass ich das Konzert heute Abend sowie die kurze Wanderung am Pfingstmontag mit den „Grünen“ wahrscheinlich einigermassen geniessen kann.

In dem Sinne wünsche ich allen,
die mir im Guten verbunden sind,
schöne Pfingsten.

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