„So viele schöne Haare!“

„So viele schöne Haare“, sagte Amir* in Tirano, genauer gesagt in unserer Design Suite Giappone, noch genauer gesagt auf dem gemütlichen Doppelbett, zu mir.
„Zu viele Haare“, hatte ich selbst zuvor gesagt. Sie waren mir bei der Massage & so in den Weg gekommen, und ich versuchte, sie mir aus dem Gesicht zu streichen, um wieder in seine warmen Augen & auf seinen schönen Körper blicken zu können.

Das ist eines von bereits zahlreichen Erlebnissen mit ihm, die zeigen, wie anders er ist. Aus meinem „zu viele“ machte er „so viele“. Und fügte ganz beiläufig ein Adjektiv dazu. Das heisst, nicht irgendeins, sondern eben „schöne“. Beides fiel mir sofort auf.

Warum?

Wohl, weil ich auch das Gegenteil davon erlebt habe.
Also das Gegenteil von Komplimenten, Anerkennung & Wertschätzung.
Das Gegenteil von dem, was einer Frau wie mir zusteht.

Dass ich es zuliess, dass ich es (viel) zu lange tolerierte, dass ich zum Teil sogar noch anfing, an meinen eigenen Wahrnehmungen zu zweifeln (niemand erreicht das besser als der narzisstisch Geprägte… -> das psychologische Wissen dazu hatte ich schon… (!)), war natürlich mein „Fehler“. Bzw. ist es meine Aufgabe gewesen herauszufinden, warum ich so vieles, was die meisten anderen Frauen, nicht mitmachen würden, mitmachte. Und zwar ohne mit der Wimper zu zucken, wie eine Freundin von mir es auf den Punkt brachte.

Diese Aufgabe hab‘ ich auch angenommen. Die Antworten auf diese Fragen hab‘ ich gefunden. Und das schriftliche Festhalten braucht es halt eben auch.

Der Asperger-Betroffene heult herum, er bekomme keine Luft & ersticke ja fast unter den vielen Haaren.

🙈 🙉 🥴 🫨 🥴 🙉 🙈

Der narzisstisch Veranlagte, der eine Sexualpraktik betreibt, die die Partnerin nicht nur eklig findet, sondern die ihr auch weh tut, was ihn nicht juckt, was ihm scheissegal ist, genau derselbe äussert allen Ernstes, so ein paar Haare würden ihm weh tun…!!! Ich sag‘ jetzt nicht, wo… – das kann jede(r) für sich selbst überlegen. Gute Vorstellungskraft wünsch‘ ich!

😂 🤣 🙉 🙈 😳 😨 🤯 🤯 😨 😳 🙈 🙉 🤣 😂

Zum Schreien ist es so oder so – aber klar: Es ging um ihn. Immer um ihn & nur um ihn. Daher auch all‘ die eigentlich unbeschreiblichen & unglaublichen Vorkommnisse…

Und eine kleine Anmerkung: Ich habe feine Haare. Viele zwar, aber feine. Wie viele Coiffeusen & Coiffeurs das schon bemerkt haben, hab‘ ich nicht gezählt… – jedenfalls viele.

Und jetzt lag da also Amir* neben, auf & unter mir & drehte mein eigenes „zu viele Haare“ in „so viele schöne Haare“. Dass das für mich (viel) mehr bedeutet(e) als einfach ein Kompliment, konnte er nicht ahnen. Vielleicht erzähl‘ ich es ihm mal, vielleicht auch nicht – wir werden sehen.

Die Sommertage mit ihm in Tirano waren auf jeder Ebene wundervoll. Wir hatten so gut wie nichts verplant, sondern entschieden so gut wie alles spontan. Wo es uns gefiel, verweilten wir.

Als wir am Palazzo Sassi vorbeikamen, gingen wir kurzerhand hinein & besichtigten ihn. Er lud den Audio-Guide herunter, den ich mir dann am Abend in unserer Suite, als er joggen ging, noch anhörte. Nie werde ich das Bild vergessen, wie er nach etwa eineinhalb Stunden beladen mit Aprikosen, Mandeln & Erdnüssen, die er bei einem Ägypter gekauft hatte, unsere Suite betrat. Das war sooo süss. 💗

(Noch süsser als die Früchte…)

Aprikosen hatte er auch gekauft, als wir der Adda entlang spazierten. Da der Weg voll an der Sonne war, spazierten wir nicht so weit, wie wir uns zuerst vorgenommen hatten, sondern stiegen schon (viel) vorher zum Ufer hinab. Dort streckten wir die Füsse ins eiskalte Wasser, assen die Aprikosen & genossen die Zweisamkeit. 😇

Am folgenden Tag besuchten wir die römisch-katholische Basilika Madonna di Tirano, die auch als Wallfahrtsort gilt. Auch darin zeigt(e) sich wieder (s)eine grosse & wahrhaftige Offenheit, die ich sehr schätze. Sie passt halt auch zu meiner wahrhaftigen & grossen Offenheit.

Offen ist auch Naila, mit der ich heute in einem kleinen Kondor-Bus von Belgrad nach Sarajevo gefahren bin. Die Landschaft hat mich total fasziniert: Gebirgsstrassen, die wir hinauf- & hinunterfuhren, der Fluss Drina, ein Seitenfluss der Save, die bei Belgrad in die Donau mündet, Wälder um Wälder so weit das Auge reicht, schmucke Dörfer, die Kuh mitten auf der Strasse & am Schluss der atemberaubende Blick auf Sarajevo hinunter. Ganz anders als Belgrad, das fiel mir sofort auf.

Während der zweiten Pause, in der ich in einem Tankstellen-Shop Chips, Tuc & Wasser kaufte, rief Amir* mich an. Wir redeten kurz; dann wollte Naila unbedingt noch ein Foto von dem herzigen Hund, der sich zu uns gesellt hatte, machen. (Sie hatte ihr Handy im Bus gelassen.) Und der Chauffeur, der übrigens sehr anständig fuhr, was für mich immer besonders wichtig ist, rief eben bereits, wir sollten wieder einsteigen. Was wir, nachdem Naila von unserem vierbeinigen bosnischen Freund ein paar Fotos gemacht hatte, auch taten.

Dann rief ich Amir* zurück. Er hatte sich unsere Fahrt auf der Karte angeschaut & festgestellt, dass wir nicht auf Autobahnen, sondern auf Dorf-, Überland- & Gebirgsstrassen fuhren. Auch hatte er nachgeschaut, wie lange die Fahrt von Belgrad nach Sarajevo dauert.

Auch das nahm ich wieder als sehr positiv wahr.
Auch das bedeutet für mich mehr, als man grad so meinen könnte.
Denn vor einem Jahr spielte meine Reise durch Frankreich & Spanien nach Marokko eine absolut untergeordnete Rolle.

Nicht einmal das engste Umfeld wurde darüber informiert, dass ich sie überhaupt machen würde; geschweige denn wurden Fragen gestellt. Dabei hätte es tausend spannende Fragen gegeben, auf die ich ebenso spannende Antworten gehabt hätte. Aber eben…!

Dafür stellten meine Kolleginnen & Kollegen viele Fragen & waren sehr interessiert. Na ja, so kann es auch laufen… Einfach nie wieder mit mir.

Amir* hatte sich sogar erkundigt, wie weit es von ihm zu Hause bis nach Sarajevo ist. Das heisst, wie lange er mit dem Bus oder dem Zug unterwegs wäre. Nur schon der ernsthafte Gedanke daran… – voll romantisch.

Er fuhr gestern von Moliets-et-Maâ nach Hause zurück & ich war bzw. bin ehrlich gesagt erleichtert, dass alles gut ging. Etwas angespannt war ich deswegen gestern schon. Trotzdem verbrachten Naila & ich einen sehr schönen Tag in Belgrad.

* Name geändert

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert