Identität und Realität

Heute sind die Tickets für das Konzert von Chris de Burgh in London eingetroffen: am 26. April nächstes Jahr. Ich habe noch weitere Karten bestellt: für Birmingham, wo ich vor gut 20 Jahren für ein Jahr lebte und arbeitete und wohin ich mehrere Male zurückkehrte; für Liverpool, wo ich mich zum dritten Mal aufhalten werde, sowie für Dublin, was eine Première wird. Ich hoffe, dass alles klappt.

Oft reise ich mit einem der Kinder. Ich überlege mir nicht (mehr) oft, was Leute denken oder nicht denken, sondern versuche aufzuzeigen, wie das Leben mit einer chronischen Erkrankung aussieht und wie es auf den Kopf gestellt wird. Ich freue mich über Reaktionen, die zeigen, dass etwas angekommen ist, und überlege mir höchstens manchmal, wie diejenigen, bei denen nichts oder nur wenig ankommt, mit meiner Diagnose umgehen würden. So, wie ich mich auch immer wieder frage, wie ich reagieren und leben würde, wenn mich ein Schicksal von jemand anderem träfe.

Am Wochenende schrieb mir jemand, ich hätte ihr Interesse an Max Frisch wieder geweckt, und bat mich um ein paar Tips, mit welchen Büchern sie beginnen solle. Das ist für mich natürlich schön. Den Blog habe ich angefangen, um Realitäten aus dem Leben mit einer chronischen Erkrankung aufzuzeigen. Daher ist alles, was damit direkt oder indirekt im Zusammenhang steht, der rote Faden durch die Beiträge. Umso schöner, wenn spürbar wird, dass ich mich nicht darüber definiere im Gegenteil.

Nicht oft zwar, aber auf Reisen ist auch schon Schlimmeres passiert: in einer Kirche von Heraklion am orthodoxen Ostersonntag zum Beispiel; auf dem Rückflug von Heraklion nach Zürich ebenfalls. Aber ich kann jetzt noch nicht wirklich darüber schreiben; so, wie ich noch nicht wirklich darüber schreiben kann, dass es Ende Januar dieses Jahres fast zu spät gewesen wäre und dass ich den ganzen Monat lang noch gearbeitet hatte. Es geht mir noch zu nahe, ich finde die Worte noch nicht. Aber ich werde sie eines Tages finden, und dann werde ich darüber schreiben.

Heute sind also die Tickets eingetroffen, und jemand hat mir einen Kastanienblütenhonig aus dem Tessin geschenkt. Beides habe ich für das Beitragsbild zusammen aufgenommen: die Lichtblicke von heute. Die starken Kopfschmerzen sind zwar weg. Oft dauern sie zwei oder drei Tage, und ich habe auch nichts dagegen, dass sie dieses Mal nur einen Tag dauerten. Ohne Schmerzmittel reicht das nämlich. Und ich hoffe, dass dies ein Zeichen ist, dass sie am Zurückgehen sind – bis zur nächsten Kortisontherapie.

Die Tage auf Mallorca waren voller Zauber. Ich erinnere mich an den Abschied, an die Taxifahrt zurück zum Flughafen, die Schafe auf nicht allzu üppig aussehenden Wiesen, die Pferde, die Nailas Herz erfreuten, die Hügelzüge, die Gebirgskette dahinter, noch einmal Olivenhaine, noch einmal Pinienwälder und Zitronenbäume. Später dann der schmale Sonnenstreifen am dunklen Himmel, wenn man links zum Flugzeug hinausschaute. Auch ein Lichblick – im wörtlichen Sinn.

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