Das Zettelchen auf dem Beitragsbild hat Naila für mich beklebt.
Am Freitag, als ich nicht nur erkältet, sondern wirklich krank & im Bett war.
Schon süss!
Sie fragte auch in München im Hotelzimmer sofort, ob ich das Licht der Schreibtischlampe vertrüge.
Das ging gut, es war kein grelles Neonlicht, sondern ein eher warmes, ganz gemütliches Licht.
Also kein Problem.
Vor allem aber bin ich froh, dass ich das Sonnenlicht weiterhin gut vertrage. Das ist bei meiner Erkrankung nicht selbstverständlich. Doch die Sonne tut den Gelenken gut
– nicht das Licht natürlich, sondern die Wärme.
Darum wählte ich vorgestern
noch einmal
ein Bild von Mallorca.
Symbolisch auch…
Wenn ich jedes Mal, wenn ein „Käfer“ nach Hause getragen wird, die volle Breitseite abbekomme, weil das Immunsystem aufgrund fehlgesteuerter Aktivität gegen den eigenen Körper unterdrückt werden musste & dann – irgendwie verständlich – findet, es wolle jetzt gar nichts mehr machen, dauert die Sache auch jedes Mal zwei bis drei Wochen. Und so ist eben wirklich ständig irgendetwas. Daran muss man sich zuerst „gewöhnen“, damit muss man sich abfinden & leben lernen.
Auch nicht ganz einfach…
Es soll Leute geben, die ständig etwas haben, um Aufmerksamkeit & Zuwendung zu bekommen. Sie müssten einem (eigentlich) leid tun; es gibt ja (psychologische) Gründe, warum sie anders nicht wahrgenommen werden & warum sie auf eine (psychologisch) auffällige & gestörte Weise versuchen, eben doch irgendwie wahrgenommen zu werden.
Trotzdem ist es für Betroffene von chronischen Erkrankungen, die mit sich bringen, dass man tatsächlich ständig etwas hat, nicht lustig, wenn andere damit Aufmerksamkeit & Zuwendung erheischen.
Nicht nur, aber auch, weil die Wahrscheinlichkeit, dass das Umfeld nicht verstehen kann & will, was wirklich los ist, desto grösser wird, umso mehr Leute irgendwelche Krankheitssymptome missbrauchen.
(Ich habe lange genug an Schulen gearbeitet, um ein Lied davon singen zu können.
Also eigentlich mehrere Lieder…)
Früher konnte ich lockerer damit umgehen.
Früher konnte ich darüber hinwegsehen.
Seit ich aber von einer schweren Autoimmunerkrankung betroffen bin & weiss, was es heisst, wirklich krank zu sein & wirklich zu kämpfen, ist der Umgang mit Ausreden schwieriger geworden:
Wenn ich eine Absenz wegen Kopfschmerzen entschuldigte & mich am gleichen Tag zweimal zwischen Lektionen & einmal während einer Lektion – es reichte auf die Toilette, sie war gerade gegenüber „meines“ Schulzimmers – übergeben musste, weil ich wegen erdrückenden, durch das hochdosierte Kortison verursachten Kopfschmerzen zu viel Kaffee getrunken hatte, was sich wiederum nicht mit gewissen Medikamenten vertrug, kam ein ungutes Gefühl auf.
Wenn eine Schülerin wegen Menstruationsbeschwerden kurz vor einer Prüfung nach Hause ging, während ich selbst Bauchkrämpfe & Bauchschmerzen hatte, weil ich auch die Menstruation & gleichzeitig starke Entzündungen von inneren Organen hatte, fühlte ich mich nicht am richtigen Ort.
Wenn Erkältungen dazu dienten, am Morgen später zu erscheinen oder am Abend früher nach Hause zu gehen, und ich kurz davor stand, ein Medikament, das auch in der Chemotherapie verwendet wird, nehmen zu müssen, das mir zwar helfen, die Anfälligkeit für Infekte aber noch mehr als Kortison erhöhen würde, spürte ich, dass Welten uns trennten.
Nicht immer war es so
– klar.
Ich hatte auch Schüler & Schülerinnen mit ernsthaften Erkrankungen.
Aber Bauch- und Kopfschmerzen eignen sich nun einmal gut für Ausreden, wenn Prüfungen oder andere (unangenehme) Arbeiten anstehen.
Eigentlich ja nachvollziehbar…
Doch wenn ich solche Schmerzen hatte, dass ich mich gerade & genau deswegen gar nicht getraut hätte, nach Hause zu gehen, weil ich spürte, dass eine unbändige Kraft in mir drinnen wütete, ein Autoimmun-Sturm tobte, dass es an verschiedenen Ecken & Enden brannte, dass ein Krieg sich entfacht hatte – ein Krieg zwischen Teilen von mir, zwischen meinem Immunsystem & meinen Organen, einer, in dem die Karten sehr ungleich verteilt & die Angegriffenen dem Angreifenden schutz- und wehrlos ausgeliefert waren, dann verkam das Entschuldigen von Absenzen, das eben oft ein Entschuldigen von Ausreden ist, zur reinen Farce.
Zu bleiben & der unbändigen Kraft standzuhalten, war ein Zeichen des Überlebens, des Lebens
– und ich glaube, weil es mir richtig schlecht ging, setzte ich alles daran zu leben & zu überleben & nach aussen so viel wie möglich aufrechtzuerhalten.
Ich hätte gar nicht früher nach Hause gehen wollen.
Es wäre ein Schritt vom Leben weg gewesen.
–
Gestern rief der Optiker an, um sich zu erkundigen, ob mit der Brille alles in Ordnung sei. Ich konnte ihm aber keine Auskunft geben, da ich seit der langwierigen & nicht ganz harmlosen Geschichte im Oktober keine Augenentzündung mehr gehabt habe. So sagte ich ihm, dass ich mich dann bei ihm melden würde.
Und hoffe natürlich, dass das nicht gleich nächstens der Fall sein wird.
Das „brauche“ ich jetzt nicht.
Auch wenn Naila mich gerne wieder mit der Brille sehen würde…
Zur Zeit ist sie jedoch mit anderem beschäftigt; ihr geliebter Stoffpinguin, der eine stattliche Grösse hat, friert und sie versucht, ihm eine ihrer Unterhosen anzuziehen. 😅