… von einer Insel im Mittelmeer

Noch einmal ein Sommertag: noch einmal einen Jupe anziehen, noch einmal barfuss im warmen Sand gehen. Noch einmal die Sommerschuhe hervornehmen, ein ärmelloses Oberteil anziehen, draussen frühstücken, die Kinder im Pool planschen hören. Furby hat einen Bruder oder eine Schwester bekommen, sie sind sich noch nicht sicher… 🙂

Ich wusste gar nicht, dass sie noch so viel Feriengeld hatten. Doch plötzlich stand Furby Nummer 2 auf dem Frühstückstisch und sagte alles nach, was sein Bruder vorgeschwatzt hatte. Doppelt lustig. 😀

Später wurde mir klar, warum Furby Nummer 1 überhaupt Gesellschaft bekommen konnte: Naila hatte noch Feriengeld von den Sommerferien her. In den fünf Wochen hatte sie von ihren 20 Euros bloss sechs ausgegeben: im Schlosshotel Pillnitz an der Elbe für drei Tütchen mit Süssigkeiten, gedacht zum Schulbeginn. Sie kaufte sie zum Schuljahresbeginn: zwei für sich selbst und eines für ihren Bruder.

Für den Sommertag bin ich dankbar. Wir hatten doch immerhin dreieinhalb richtige Sommertage und morgen soll es auch wieder warm und sonnig werden. Wir fliegen zum Glück erst am Abend zurück.

Den Herbst in der Schweiz habe ich gerne. Er ist, vorausgesetzt es hat keinen Nebel, golden und rot. Den Winter hätte ich gerne, wenn er denn noch ein Winter wäre. Er ist (bzw. wäre dann eben) weiss und weich.

Früher hatte ich sowieso alle vier Jahreszeiten gleich gerne. Jede brachte ihren ganz eigenen Reiz, ihren ganz eigenen Geruch, ihr ganz eigenes Glück mit sich. Das ist immer noch so; dazugekommen ist einfach die Tatsache, dass die kalten Jahreszeiten verschiedene Probleme, die durch chronische Erkrankungen oder Therapien verursacht werden, verstärken können:

Immunsuppressiva greifen (massiv) ins Immunsystem ein, damit es aufhört, körpereigene Eiweisse mit fremden Eindringlingen zu verwechseln und zu bekämpfen. Das ist gut so, das ist die Rettung. Immer und immer wieder.

Aber es bedeutet eine Schwächung des Immunsystems, sodass es auch die tatsächlichen Feinde weniger erfolgreich oder gar nicht mehr erkennt. Die Anfälligkeit für Infekte wird dadurch (deutlich) erhöht. Dass dieses Problem während der kalten Jahreszeiten zu einem grösseren Problem werden kann, ist wohl selbsterklärend.

Auch darum sind Menschenansammlungen in den Herbst- und Wintermonaten für alle Betroffenen mit einem erhöhten Risiko verbunden. Auch darum ist es – oder wäre es theoretisch – ein stetes Abwägen zwischen Risiko und Nutzen. Auch darum ist für mich das Risiko, mich anzustecken, bei einer Sitzung, an der nicht im Vordergrund steht, was gesagt wird, sondern wer redet und wer wie viel redet, viel höher als der Nutzen, den ich davon habe oder jemand anders davon hat.

Wenn ich denn also zu Hause auf dem Sofa gesessen und ferngesehen hätte, wäre es eine präventive und sinnvolle Massnahme gewesen. Es wäre ja nicht nur darum gegangen, einen Infekt zu verhindern, sondern auch einen erneuten Krankheitsschub. Denn ein solcher kann durch einen Infekt durchaus ausgelöst werden.

Ich sass aber nie zu Hause auf dem Sofa und schaute fern. Ich war zum Beispiel unter kurzer Vollnarkose für einen Untersuch. Einmal hatte ich dabei einen wunderschönen Traum: von einer Insel im Mittelmeer. Malta, Kreta, Mallorca oder …?

Ich bin glücklich, dass wir gestern noch einmal einen Tag in der Sonne erleben durften: Wir fuhren mit dem Schiff der Küste entlang Richtung Süden. Es war hell, es war warm, es war schön.

Der Ausflug am Dienstag führte der Küste entlang Richtung Norden, gestern also in die entgegengesetzte Richtung bis Cala Figuera. Der Blick über das weite Meer bis an den Horizont lässt mich immer daran denken, dass wir eigentlich ja nur ein Stäubchen auf dieser Erde, ein Blitz in der Zeitgeschichte sind. Dessen sollten wir uns ab und zu bewusst werden. Aber es soll nicht bedeuten, dass unser Leben nichts wert ist. Im Gegenteil: Es soll uns eher zeigen, was wir in unserem kurzen Leben wirklich wollen und was nicht.

Ich hielt Ausschau nach Delfinen…

In Istanbul konnten wir vor viereinhalb Jahren vom Hotelzimmer aus Delfine beobachten. Wir waren für eine Woche in der faszinierenden Stadt. Unser Hotel befand (bzw. befindet) sich auf der europäischen Seite; Nilüfer und ihre Familie, die wir besuchten und mit denen wir sehr frohe Stunden verbrachten, leben auf der asiatischen Seite.

Ich hielt also Ausschau nach Delfinen… Sie haben mir schon immer gefallen. Auf offenem Meer stelle ich mir ihren Tanz, ihr Spiel, ihre Anmut noch einmal anders vor:

„We were talking about how all the years go by, people and places and the march of time. Only memories can take us back there again. Like the day on the boat beneath a clear blue sky, when out of the sea, they came to jump and fly. Now I understand why my friend said ‚dolphins make us cry‘.“

In Cala Figuera spazierten wir bis an die Spitze der ins Meer hinausragenden Felsen. Die gleissende Sonne liess das Wasser silbern erscheinen: wie ganz dunkles Silber. Taieb und Naila schwangen ihre kleinen Fischernetze in der Luft, ein blaues und ein grünes.

Diese hatten sie unter der Bedingung, ihre lebendigen Funde kurz zu betrachten und sogleich wieder frei zu lassen, bekommen. Da beide Kinder Tiere sehr gerne haben, ist diese Bedingung gleichzeitig eine Selbstverständlichkeit. So quasi eine innere Übereinkunft auch.

Auf dem Rückweg kauften wir an einem Eisstand Mandeleis und bei einer Frau, die auf einer Mauer am Fischerhafen sass, zwei selbstgestrickte Tiere: einen Hasen für Taieb und eine Maus für Naila. Sie sollen Wünsche erfüllen, wenn man sie ihnen kurz vor dem Einschlafen anvertraut. Die Kinder hoffen jetzt natürlich, dass es funktioniert.

Wir fuhren an verschiedenen Buchten vorbei. Die waagrecht geschichteten Felsen der Küste werden immer wieder vom Wasser unterspült, sodass kleinere und grössere Höhlen entstanden sind. Ich stelle mir jeweils vor, was darin alles passiert sein könnte…

Bevor wir ins Hotel zurückgingen, spazierten wir um zwei weitere Buchten herum. Sie sind klein, sie sind fein, sie sind schön. Und sie bekommen einen Platz in meiner Erinnerung.

Klettballspiel auf der Wiese vor unserem Appartement. Der Himmel ganz hell: hellblau, golden, rosa. Wir genossen den Sommerabend, bis es dunkel wurde.

Am Mittwochabend gab es am Buffet Gemüsepaella. Vorgestern dominierten Fisch und Meeresfrüchte, und ich war froh um alles, was nach Gemüse, Beilagen oder Fleisch aussah. Gestern assen beide Kinder viele verschiedene Gemüse und Früchte, Kartoffelstock und Fleischspiesschen, bevor sie sich dem Desserbuffet verschrieben. 😄

Die Frage nach Nutzen und Risiko stelle ich mir jedoch längst nicht immer. Bei vielen Menschenansammlungen erübrigt sie sich so oder so. Bei Konzerten zum Beispiel. 😉

 

 

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