(Nur) darum

Wir hatten einen Schokoladekuchen im Ofen. Das Rezept stammt aus dem Jahr 1973, meinem Geburtsjahr, und der Kuchen heisst „Grossmutters Schokoladekuchen“. Meine Mutter, also die (eine) Grossmutter unserer Kinder, hat immer sehr leckere Schokoladekuchen gebacken – und backt sie immer noch. Also passt das Rezept gleich doppelt gut für einen Kuchen, den T. heute Abend an die Musicaltheater-Aufführung mitbringen wird und der ihm wichtig ist. Er backt gerne, und wir haben abgemacht, am Mittwochnachmittag oder am Wochenende jeweils miteinander zu backen oder einfach etwas Süsses herzustellen. Am nächsten Mittwoch möchte er Schokolademousse machen.

Gebacken habe ich früher oft und gerne. Wie so vieles ist es in den Zeiten, in denen es mir nicht gut ging, also immer wieder in den letzten Jahren, zu kurz gekommen. Dafür hat es – auch wie so vieles – einen anderen und höheren Wert, eine andere und tiefere Bedeutung bekommen.
T. hat mir beim Zubereiten des Teigs geholfen, vor allem beim Umrühren der Zutaten. Das war süss, da er von sich aus seine Hilfe anbot. Nicht, weil das Rühren seine Lieblingsarbeit ist, sondern weil er spürt und auch schon ein wenig versteht, dass alltägliche Arbeiten für mich manchmal anstrengend sind.

Die Verzierungen, die auf den Kuchen kamen, hatte er alle ausgestochen, geformt und zum Trocknen auf ein Backpapier gelegt: zwei grüne Schmetterlinge sowie je drei rote Nikoläuse, blaue „Grittibänzen“ und gelbe Rentierköpfe aus Zuckerfondant.
Fledermäuse und Vampire hätten zwar besser zur „Villa Spooky“ gepasst. Dafür passen drei der vier Motive zur Jahreszeit.

Auch das Kuchenbacken ist ein Zeichen der im gestrigen Beitrag gemeinten Normalität:
der Geruch nach Backware, der sich im ganzen Erdgeschoss ausbreitete und abgeschwächt auch in die Höhe stieg
die grosse, sauber ausgeleckte Glasschüssel, die noch auf dem Küchenboden steht
der feine Staub des Mehls, der die Steinplatten bedeckt
. . .

Ich bin gerne kreativ – es gibt mir eine andere und tiefere Zufriedenheit, als wenn ich Fertigprodukte benutze. Das Gefühl, miteinander etwas hergestellt zu haben, verbindet. Darum habe ich auch angefangen, die Weihnachtslieder, die T. und N. auf der Blockflöte lernen, mit ihnen zu spielen – sie Blockflöte, ich Querflöte.
Auch ein Zeichen, dass das Leben weitergeht und dass ich es immer irgendwie schaffe, stärker zu sein als das fehlgesteuerte Immunsystem, das körpereigenes Gewebe bekämpft.
Körpereigenes Gewebe: Das ist der grosse Unterschied zu Allergien: gross im physiologischen Sinn, gross auch im psychologischen Sinn – gross im Alltag.

Das gestrige Beitragsbild zeigt ein von T. gebasteltes und bemaltes Vogelhäuschen. Er bastelte es nach dem Besuch beim Optiker und im „Starbucks“ am letzten Samstag im Glattzentrum.
Nächsten Samstag möchte er noch eines für meine Mutter anfertigen, und N. möchte ebenfalls eines basteln und bemalen. Wir haben also – auch vom Besuch der Bastelmesse „Creativa“ her – schon verschiedene Weihnachtsgeschenke parat, worüber ich froh bin.

Ich habe die Adventszeit und Weihnachten immer über alles geliebt und möchte nicht, dass diese wundervolle Zeit zu reinem Stress verkommt. Die Gefahr besteht für die meisten von uns, glaube ich. Wenn man chronische Krankheiten hat, ist vieles schwieriger; man startet jeder Herausforderung gegenüber auf einem anderen Level.

Mich darüber zu beklagen, liegt mir fern. Ich möchte einfach darauf aufmerksam machen, aufzeigen, aufklären – wie schon in anderen Beiträgen erläutert.
Dass ich Kopfschmerzen habe, würde ich zum Beispiel gar nicht erwähnen, wenn ich früher auch schon darunter gelitten hätte. Viele Menschen haben Kopfschmerzen, viele Menschen leiden darunter.

Ich gehörte jedoch bis zu den ersten längeren und intensiveren Kortisontherapien 2014 zu den Glücklichen, die von Kopfschmerzen verschont geblieben waren. Dass auch das sich durch die starken Medikamente geändert hat, hätte ich nicht gebraucht. Denn was die Krankheit an sich schon alles mit- und durcheinanderbringt, ist mehr als genug. Darum schreibe ich über die Kopfschmerzen. Nur darum.

Gestern konnte ich bereits die Brille abholen. Die Dame, die sie mir aushändigte, überprüfte noch einmal, ob alles stimmt, und beantwortete meine Fragen. Der Optiker, der mich am Samstagmorgen bedient hatte, war auch dort und gerade mit einem anderen Kunden beschäftigt. Er sah mich von weitem, winkte mir zu und grüsste mich freundlich. „Die, die so viel Kaffee getrunken hat…“, wird er sich wohl gedacht haben… 🙂

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