Aux Champs Élysées

„Hey, ich habe gesehen, dass du einen YouTube-Kanal hast“, rief Bea mir am Freitagmorgen im Korridor vor dem Teamzimmer zu.
„Ja, dem ist so“, erwiderte ich & lachte.
„Plötzlich zeigte es mir die Champs Élysées an. So schön…!“
„Weisst du, woran das Video mich erinnert hat?“ fuhr sie fort. „An Pipilotti Rist, die mit einer Leichtigkeit durch Paris tanzt & Autoscheiben einschlägt.“

😊

Mir fielen weitere positive Reaktionen, die ich bekommen habe, ein.
Bea erwähnte aber auch, dass sie immer wieder von Künstlern & Künstlerinnen höre oder lese, mit wie viel Frust, Hass & Neid sie konfrontiert seien.
„Ja, unter anderem darum hab‘ ich die Kommentarfunktion ausgeschaltet“, sagte ich zu ihr.

Das ist meinem Kanal natürlich nicht förderlich, was ich sehr wohl weiss. Doch da er für einen reinen Hobby-Kanal ja ganz ansehnlich läuft, macht mir das nicht allzu viel aus. Darum bedanke ich mich an dieser Stelle wieder einmal bei allen, die dazu beitragen. ☺️

Ich könnte mich zugleich bei denjenigen bedanken, die nichts dazu beitragen. Die den Kanal ignorieren & meinen, sie würden viel vom Singen verstehen. Die meinen, sie könnten es besser oder seien sonst irgendwie was Besseres.

Über die regte ich mich früher etwas auf.
Heute amüsiere ich mich darüber.
Und distanziere mich davon.

Umso mehr freue ich mich, Nemo & Slimane kennengelernt zu haben. Auch weitere Musiker & Musikerinnen, aber diese beiden sind meine Top-Entdeckungen. Ihre One-Man- bzw. One-Person-Shows am ESC waren, wenn auch auf ganz unterschiedliche Art, absolut herausragend.

Musikalisch, kompositorisch, stimmlich, künstlerisch.
Von der Performance wie von den transportierten Emotionen, der persönlichen Geschichte & der Persönlichkeit her.
Pure Schönheit.

Nemo werde ich sowohl im Juni wie auch im Juli mindestens einmal live erleben.
Slimane werde ich, so hoffe ich, ebenfalls bald einmal live sehen & hören.
Letzteres wird schwieriger, aber für gute Musik nehme ich gerne eine längere Reise auf mich. Hab‘ ich ja schon sooo viele Male getan… Warum nicht wieder?!

Bea & ich redeten dann noch die ganze Pause über; es war ein mega interessantes, offenes & ehrliches Gespräch. Dass sie meine Songinterpretationen & meine Videos so freudig & damit neidlos wertschätzen kann, hat mich sehr gefreut. Grad unter Frauen ist das ja alles andere als selbstverständlich.

Wir redeten aber nicht nur über meine künstlerischen Tätigkeiten, sondern auch über anderes. Über die furchtbar enge Schweizer Norm zum Beispiel. Und wehe, man passt da nicht hinein.

Wehe, man ist anders. Wehe, man ist intelligenter, emotionaler, leidenschaftlicher, hübscher, farbiger, cooler, direkter, klarer, mutiger, souveräner – oder was auch immer. Dann bekommt man das zu spüren.

Sie weiss, wie das ist; ich weiss, wie das ist. Und traurigerweise machten wir die diesbezüglich krassesten Erfahrungen beide im gleichen Kanton. Na ja… 🤷🏻‍♀️

Eigentlich würde ich ja gerne (viel) mehr über meinen Berufsalltag berichten; er ist nämlich eben grad kein monotoner Alltag, sondern das pure Gegenteil davon: extrem vielfältig & abwechslungsreich, kreativ, spannend, lebendig & lehrreich.
Und noch ganz vieles mehr…!
Das lässt sich nie, gar nie, auch nur annähernd abschliessend beschreiben…

Jeder Tag ist anders, jeder Tag hält Neues & Unerwartetes bereit, jeder Tag erfüllt mich.
Jeden Tag fahre ich gerne zur Arbeit, jeden Tag hab‘ ich unvergessliche Begegnungen mit Schülern & Schülerinnen, jeden Tag spüre ich, dass meine authentische Art zu einer natürlichen Autorität führt, die mir mein Leben als Lehrerin enorm erleichtert.
Das bestätigte am Freitagmittag Nadine, die Heilpädagogin, mit der ich sehr gerne zusammenarbeite & deren einzigartigen Humor ich nicht mehr missen möchte, auch grad wieder.

Und Bea erzählte, die DaZ-Schüler hätten ihr gesagt, sie würden jetzt zu mir gerne ins Französisch kommen und ich könne die Freude an der Sprache vermitteln. Das wiederum hat mich sehr gefreut. Denn das ist genau, das, was ich möchte: dass sie merken, dass diese Sprache wunderschön sein & man daran grosse Freude haben kann.

Dass ich das kann, hatte ich schon vermutet. Trotzdem tut es gut, es dann noch so zu hören. Und es spricht für Bea, dass sie mir das so weiterleiten kann.

Genau wie es für sie spricht, dass sie meine musikalischen & künstlerischen Tätigkeiten so anerkennen kann. Womit wir wieder bei obigem Thema wären & der Kreis sich schliesst. Hier & jetzt zumindest.

Und nein, ich brauche in meinem Leben keine Leute, die mich nicht unterstützen. Auf welcher Ebene auch immer. Das heisst, solche Leute brauchen wir alle nicht. Nur hab‘ ich (etwas) spät gelernt, dass ich das Recht habe & es immer das Beste ist, sich von solchen Leuten zu distanzieren oder gar zu trennen.

Das lernte ich als Kind, Jugendliche & junge Frau leider nicht. Bzw. zeigte es mir niemand vor & sagte es mir auch niemand. Etwas schade…, ja. Aber keine Katastrophe.

Nur hätte ich, wenn ich es früher gelernt hätte, gewisse Leute (viel) früher aus meinem Leben verabschiedet.
Nur wäre ich dann zwei (teilweise hochgradig) persönlichkeitsgestörten Männern nicht „nachgerannt“. Nie. Kein einziges Mal. Kein einziges fucking Mal.
Nur hätte ich dann meinen eigenen Wert nicht nur gekannt, sondern auch gelebt.

Am Dienstagabend traf ich Amir* in Luzern, wo wir uns im Kleintheater „Die Eltern – Teenage Edition“ anschauten & anhörten. Das war cool. Das heisst, als Mutter oder Vater von Kids, die voll pubertieren, weil sie dies auch dürfen & die Eltern es nicht aus eigenem grossen Unvermögen heraus systematisch unterbinden & unterdrücken, erkennt man sich in fast allem wieder & lacht sich krumm. Gleichzeitig ist es ein reflektieres & feinfühliges Stück, das durchaus auch zum Nachdenken anregt.

Danach gingen wir noch ins Majorelle. Leider gab es nichts zu essen mehr, doch der marokkanische Tee schmeckte. Und wie gewohnt unterhielten wir uns sehr gut.

Als ich um 00.27 Uhr am HB Zürich ankam, war der letzte Zug nach Winti bereits abgefahren. Also musste ich wohl oder übel ein Taxi nehmen. Als ich das Amir* auf seine Nachricht aus dem Zug hin zurückschrieb, fügte ich an: „Hätte eigentlich am HB übernachten & morgen direkt nach Bülach fahren können…“ 😂

Worauf er – nebst anderem, was sehr nett war… – antwortete: „Hättest du gestern am Bahnhof übernachtet, wäre ich noch zu dir gefahren & hätte dir Gesellschaft geleistet. So wären wir beide am nächsten Tag müde zur Arbeit gefahren.“

Oha. 😁

😍

Viel Spass am Video unten.

* Name geändert

 

https://youtu.be/2fVRvi6IkP0?si=mlCj0n4IvYc6VP-0

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