Von Live-Kino & Ausdauer

„Da hämmer no Live-Kino“, sagte die Frau im Abteil schräg gegenüber von uns zu ihren Kolleginnen. Ich musste mich zusammennehmen, um nicht zu lachen. Amir* & ich waren dabei, uns leidenschaftlich zu küssen.

Wir sassen in der 1. Klasse auf dem Weg zurück von Bologna.
In Mailand waren wir umgestiegen & jetzt also im Zug nach Zürich.
Wir assen Trauben, die wir in einem kleinen Geschäft in Bologna gekauft hatten, tranken unsere Getränke von „Frankly“ (Bahnhof Mailand), redeten miteinander & küssten uns immer wieder lange & innig.

„Die händ Uusduur…; ich würd‘ scho lang nüme möge“, meinte eine andere der Damen.
„Pass uuf, sie redet imfall Düütsch“, gab die dritte zu bedenken.
Zu dem Zeitpunkt musste ich definitiv lachen & das Küssen wurde etwas schwierig.

Auch Amir* fand es lustig & es ist jetzt eine weitere von bereits erstaunlich vielen Erinnerungen, die wir teilen & über die wir uns freuen.
Es ist so anders mit ihm…!
Keine Red Flags mehr.
(Die ich alle durchaus von aller Anfang an bemerkt, aber zu erklären, verzeihen oder verdrängen versucht hatte…)
Dafür extrem offenes & ehrliches Reden… – auch über schwierigere Themen.

Wir wissen beide, was wir aneinander haben,
und wir teilen das einander auch mit.
Immer wieder.
Mündlich wie schriftlich.

Und wir sind uns auch bewusst, dass wir uns daran gewöhnen könnten.
Dass Gewöhnung immer auch eine gewisse „Gefahr“ darstellt.
Der man, wenn man sich ihrer eben bewusst ist & ebenso bewusst „Gegensteuer“ leistet, durchaus entgehen kann.
Gut sogar.
Mit Stil. 🤩

Seit unserem wunder-, wunderschönen Wochenende in Bologna sind schon wieder zwei Wochen vergangen.
Letztes Wochenende verbrachten wir in Luzern & im Tessin.
Jetzt sind wir unterwegs nach Frankfurt, wo ich Amirs* Mutter & einen Teil seiner grossen Familie kennenlernen werde.

Wie auch schon erwähnt, hat er fünf Brüder, die alle in oder um Frankfurt wohnen.
Die Schwester lebt in Tanger.
Sie werde ich im Oktober kennenlernen.
Wir freuen uns beide schon sehr darauf.
Auch wenn wir noch nicht so richtig wissen, wie wir auf Zungenküsse in der Öffentlichkeit verzichten sollen…! 😜

In Bologna stellten wir uns diese Frage nicht, sondern küssten uns, wo & wann wir wollten.
Bei den sehr gemütlichen Frühstücken draussen von einem Café, das sich in der Nähe unseres Hotels „Il Guercino“, das ich übrigens sehr empfehlen kann, befindet, zum Beispiel.
Oder auf dem kleinen Touristenzug, mit dem wir eine Fahrt durch die Altstadt machten.
Oder im Parco della Montagnola, in dem wir am Sonntagmittag noch ein bisschen herumspazierten & etwas tranken.

Natürlich bestaunten wir auch das Wahrzeichen von Bologna, nämlich die mittelalterlichen Geschlechtertürme. Dabei handelt es sich um die nebeneinanderstehenden schiefen Türme Asinellli (97m) und Garisenda (48m). Von unten an ihnen hochzuschauen, ist sehr beeindruckend & auch etwas beängstigend.

Da wir beide spontan & unkompliziert sind, spazieren wir jeweils einfach herum & lassen uns leiten von dem, was wir sehen & was uns gefällt. Das geniessen wir beide sehr. Und wir geniessen, dass das Gegenüber genauso veranlagt ist.

So kamen wir beispielsweise im Zentrum von Bologna an der spätbarocken Marienkirche Santa Maria della Vita vorbei & gingen eben spontan hinein. Das lohnte sich; die Kirche gefiel uns. Und ich dachte ein weiteres Mal, wie sehr ich seine vollkommen selbstverständliche Offenheit anderen Religiösen gegenüber – nebst tausend weiteren Eigenschaften & Verhaltensweisen – schätze. Selbstverständlich ist das ja nicht. Aber auch darin passen wir so gut wie perfekt zusammen.

Am Sonntag wollten wir eigentlich noch die Kathedrale besichtigen; das konnten wir, da ich kurze Hosen trug, am Samstag nicht. Das heisst, ich hatte natürlich zu Amir* gesagt, er solle einfach ohne mich hineingehen. Aber das wollte er nicht.

Leider wurde am Sonntag wieder nix draus, da wir genau zu der kurzen Zeit, wo sie geschlossen war, hinkamen.
Na ja, dafür haben wir jetzt einen weiteren Grund, wieder nach Bologna zu fahren.
Ganz abgesehen davon, dass wir Wochenend-Trips in verschiedene norditalienische Städte machen & über verlängerte Wochenenden bzw. Feiertage gerne auch mal weiter in den Süden von Bella Italia fahren wollen. 🇮🇹

Anstatt die Kathedrale zu besichtigen, bestiegen wir dann den sich auf der Piazza Maggiore befindlichen Uhrenturm, Torre Accursi, der zum gleichnamigen Palazzo Accursi gehört. Als eines der bemerkenswertesten Monumente der Stadt ist er wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Der künstlerische Wert des Palazzo, das Uhrwerk, das wir uns ebenfalls genauer anschauten, sowie unvergessliche Ausblicke machen den Besuch sehr interessant & lohnenswert.

Am Samstagabend gingen wir in den SPA-Bereich unseres äusserst kunst- & stilvollen Hotels. Den hatten wir ganz für uns alleine. Dampfbad, Sauna & Sprudelbad – alles wie privat. Am meisten berührte mich, wie sehr Amir* das genoss.

Ich machte noch Tee für uns beide, den wir am Schluss auf den Liegestühlen genossen. Wir redeten über Filme, Regisseure & Schauspielerinnen. Es war spannend & es war wunderschön.

Danach waren wir ein bisschen spät dran fürs Abendessen, fanden dann aber doch noch ein Restaurant, wo wir draussen sitzen & noch ein warmes Abendessen geniessen konnten. Es war zwar auch knapp, aber immerhin gabs noch was. Die verschiedenen Käsesorten, das Gemüse & die Tortelloni, die ja eine besondere Spezialität von Bologna sind, schmeckten jedenfalls ausgezeichnet. 😋

Italien bietet nicht nur kulinarische Höhenflüge, sondern ist auch kulturell, architektonisch & modemässig unglaublich faszinierend. Nur schon in die Kleiderboutiquen hineinzuschauen, ist eine Freude. Vom Hineingehen reden wir jetzt lieber nicht… 😅

Ich bin glücklich & so dankbar, dass das – zusammen mit tausend weiteren Dingen – wieder möglich ist.
Dass ich wieder ich selbst sein kann.
Dass ich wieder frei bin.

Mittlerweile sind wir angekommen.
Wie immer, könnte ich noch über ganz viel anderes berichten..!!! 🤷🏻‍♀️
Doch jetzt bin ich schon mal froh, wenigstens ein bisschen über unser wunder-, wunderschönes Wochenende in Bologna berichtet zu haben.

Der Grund, dass ich es erst zwei Wochen danach gemacht habe, ist einerseits schon auch die Zeit, die mit extrem viel anderem auch noch gefüllt ist, andererseits aber auch meine Sprachlosigkeit darüber, wie wunderschön eben alles ist. Wie anders halt auch. Und bis ich sprachlos werde, braucht es schon krass viel.

Auf meinem Pult stehen jetzt ausgedruckte & laminierte Fotos von Amir* & mir.
An der Seitenwand vom Regal hinter dem Pult hängen ein paar weitere sowie je eines von Taieb & Naila.
Viele Schüler & Schülerinnen haben voll süss reagiert… 😍

* Name geändert

 

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