Erholung, Ferien und Sabine

Am Nachmittag ging ich mit Naila auf den Friedhof zu Nahoms Grab. Wir stellten eine Kerze hin. Dann schaute sie die Fotos an und las die Briefe.

Sie las alle laut vor; ich stand daneben und weinte wieder. Sie hatte (wie ihr Bruder) einen kleinen, hübschen Gummiball mitgenommen. Den legte sie vorne aufs Grab, neben denjenigen von Taieb.

Dann merkten wir, dass wir die Streichhölzer vergessen hatten. Da der Kinderhort sich in unmittelbarer Nähe befindet, gingen wir dorthin und baten um Streichhölzer, die wir auch bekamen. Naila ging zum Friedhof zurück und zündete die Kerze an; ich kam ins Gespräch mit Sabine. – Ja, Sabine. 😀

Ich kenne sie von früher her; unsere Kinder besuchten den Mittagstisch. Sie ist für mich auch eine wertvolle Person. Ich hatte ihr und Flora einmal – ja, einmal – in einem Gespräch ganz wenig über meine Erkrankung erzählt. Es kam an.

Ich spürte das sofort und war beiden so dankbar. Ich musste nicht viel, ich musste nicht lange erklären. Das will ich ja auch gar nie. Es kam einfach an – von Mensch zu Mensch.

Ich erlebe auch das Gegenteil:

Leute, die keine Zeit für Erklärungen haben; Leute, die selbst völlig überlastet sind und keinen Raum für die Anliegen anderer Menschen (mehr) haben; Leute, die nicht hören wollen, was nicht in ihr (enges) Konzept passt, die so „verklemmt“ sind, dass ihnen die Offenheit anderer Angst macht, und die damit nicht umgehen können; Leute, die ihre Bilder (sehr) simpel aufbauen und falsche Urteile fällen.

Sabine ist anders. Zum Glück. Das Gespräch mit ihr zog sich in die Länge; ich genoss es, unter Bäumen im Sonnenschein.

Der Tag wurde so von einem der eher schlechten Tage zu einem doch noch ganz guten. Schlecht eigentlich „nur“ wegen der Müdigkeit. Vier Stunden Schlaf sind zwar besser als zwei, aber doch erst die Hälfte von dem, was ich brauche.

Ja, dieser letzte Schub war heftig. Die letzten Behandlungen waren lange und die Nachwehen werden mich wohl noch mehrere Wochen, wenn nicht Monate begleiten. Geduld habe ich schon und danke denjenigen, die sie mir zugestehen.

Ich erlebe auch das Gegenteil:

Leute, die mir eine schwere Zeit noch schwerer machen. Sie sind eine Minderheit, aber verzeihen werde ich das nie können. Nicht: nicht wollen. Aber: nicht können.

Ich bin mich nicht seit Februar am Erholen, sondern habe acht Monate intensiver Behandlungen hinter mir. Ich bin mich auch jetzt nicht am Erholen, sondern kämpfe gegen einen total durcheinandergekommenen Schlaf-/Wachrhythmus. Die Erholung beginnt, wenn alles gut geht, vielleicht im Dezember. Vielleicht auch erst im neuen Jahr.

Es gibt zudem Leute, die mir Konzerte oder Ferien missgönnen. Na ja, was soll ich dazu sagen oder schreiben?? Was kickt eigentlich bei euch??

Die Konzerte sind wie Kortison: (über)lebenswichtig. Und Spitäler gibt es auch auf Malta und Kreta. Internisten, die Englisch können und ihr Fachgebiet verstehen, ebenfalls.

Dass ich sie nicht brauchte, war mir auch recht. Ich schaute lieber den Kindern zu, wie sie unermüdlich ins Wasser sprangen und die Rutschen hinunterglitten, wie sie mit grosser Hingabe beim Zumba-Kurs mitmachten und sich im Wasservolleyball gegen Teenager versuchten, wie ihre kleinen, von der Mittelmeersonne gebräunten Körper sich von den bunten Badetüchern abhoben und sie genüsslich ein Eis nach dem anderen schleckten. Lieber, so viel lieber.

Naila ist wieder mit Pia und Holly, der Hündin, unterwegs, auf einem Abendspaziergang im Wald. Ich habe ihr vorhin ein kleines Geschenk für Pia mitgegeben: eine Quittenkonfitüre und Schokolade in Form eines Herbstdrachens – als Dank. Und hiermit auch ein herzlicher Dank für die persönlichen Nachrichten oder Kommentare: Bärbel, Jennifer, Margrit, Heidi, Rosi, Monika, Claudia, Andrea, Brigitte, Julie, …

(Diejenigen, die ich jetzt vergessen habe, werde ich ein anderes Mal nennen.)

Vergessen hätte ich auch beinahe das Ausfüllen des Fragebogens zur externen Schulevaluation. Ich halte zwar nicht viel davon, das Kreuzchenverteilen ist ungenau. Wenn die Bildungsdirektion wirklich wissen wollte, was gut funktioniert und was nicht, müsste sie mit allen Eltern persönliche Gespräche führen.

Das wäre natürlich extrem aufwendig. Aber das Ankreuzen ist oberflächlich. Ich hätte gerne Vertiefungen und Ergänzungen angebracht. Sabine übrigens auch…

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