Spanischer Wein

Das wollte ich ja sowieso einmal – einfach zum Flughafen fahren und schauen, für welche Destinationen noch Platz frei ist:

Gestern Morgen war es also soweit, auch wenn die Gründe, dass es dazu kam, und die Destination, an die es uns verschlug, etwas weniger aufregend sind. Aber das macht nichts. Hauptsache, die Kinder haben ihre geliebten Pools und zwei schöne Sandstrände sowie ein paar einladende Buchten in unmittelbarer Nähe.

Der Herr beim Last-Minute-Schalter am Flughafen Zürich war sehr nett. Nicht gespielt nett, weil er eine Reise verkaufen wollte, sondern natürlich nett, weil er uns helfen wollte. Taieb fragte ihn, ob er wirklich Andi heisse und warum auf dem zweiten Schildchen Andreas stehe, und klärte ihn anschliessend darüber auf, dass seine früheren Fussballtrainer auch beide Andi heissen würden.

Andreas oder Andi hörte ihm zu, beantwortete seine Fragen und lachte mit ihm. Mir fielen seine blauen Augen auf. Und dass er einfach Zeit hatte. Wie der Postbote gestern.

Er nahm sich Zeit und versuchte noch einmal alles, damit wir nach Kreta hätten fliegen können, aber bei den Rückflügen war nichts mehr zu machen: komplett ausgebucht unter Berücksichtigung sämtlicher irgendwie in Frage kommender Flughäfen. Erst am Montag zurückfliegen und an der Schule sagen, die Kinder seien krank: nicht so meine Art! Ausserdem hat die Augenärztin mir gesagt, dass sie mich auf keinen Fall später als am 24. sehen wolle.

Kreta ade.

Mit Kos, Rhodos und Santorini das Gleiche.

Griechenland ade.

Ein bisschen enttäuscht war ich schon, obschon ich damit gerechnet hatte und obschon ich mir zu jeder Zeit bewusst bin, dass es sich hierbei um ein Luxusproblem handelt. Wenn ich höre, was in anderen Teilen der Welt passiert, schäme ich mich fast, das zu erwähnen. Aber es ist mein Tagebuch und gehört darum irgendwie dazu.

Mallorca… Ich war schon zweimal dort. Beide Male im Februar zur Mandelbaumblütezeit mit meiner Mutter. Das weisse und hellrosarote Blütenmeer beim Landeanflug bereits von oben zu sehen, war beide Male sehr eindrücklich.

Wir wohnten damals in Paguera. Das war zu einer Zeit, als ich noch überzeugt war, keine Kinder haben zu wollen. Voll konzentriert auf mein Studium & meine vielen weiteren Interessen.

Jetzt wohnen wir in Cala d’Or und ich bin für die Kinder hier. Sie sind jedenfalls begeistert und konnten kaum einschlafen, nachdem sie erfahren hatten, dass es hier vier Pools gibt. Vier Pools sowie etliche weitere Angebote, die Spass machen.

Mallorca war also kurz nach Mittag gebucht, der Flug ging erst am späteren Nachmittag. Wir checkten ein und fuhren noch einmal nach Hause. Als ich die Medikamente einpackte, kam mir der Artikel über die Münchner Sängerin Susanne Augustin wieder in den Sinn:

Ja, es braucht mehr Vorausschau als früher. Anderes leidet darunter, man vergisst die Sonnencrème oder den Sonnenhut. In der Handtasche hatte ich dieses Mal nur das kleine Fläschchen mit den Augentropfen. Bei der Handgepäckkontrolle tadelte Taieb mich: „Gsehsch, Mama, du hättsch es sölle in es Plastiksäckli tue.“

Der Polizist schaute das Fläschchen an, schaute mich an und meinte, der junge Herr habe zwar schon recht, aber es sei in Ordnung. Nicht von Polizist zu Passagierin, sondern von Mensch zu Mensch. Dann scherzte er noch kurz mit Taieb, der nicht verstehen wollte, warum er „junger Herr“ genannt wurde.

Auf dem Weg zum Gate ging mir ein weiteres Mal durch den Kopf, wie viel „einfacher“ gesundheitliche Probleme im Alltag sind, wenn sie sichtbar sind. Sicher nicht immer, sicher nicht überall, sicher nicht für alle. Es kommt darauf an, was man sieht, und ich bin mir bewusst, dass ungezählte Menschen gerade deswegen Probleme haben, weil man etwas sieht, vielleicht sogar viel mehr sieht, als die meisten ertragen.

Aber für mich und viele andere Betroffene von chronischen Erkrankungen (vor allem) innerer Organe ist eben genau das Umgekehrte öfters schwierig. Jetzt ist es beispielsweise so, dass die Augen zwar immer noch gerötet sind, aber bei weitem nicht mehr so schlimm wie vor dem Besuch bei der Augenärztin. Taieb erzählte Naila heute Morgen noch im Bett entsetzt: „Es isch imfall füürrot gsi, hät cool usgseh, aber schlimm.“

Als wir gestern das zweite Mal zum Flughafen fuhren, trafen wir Pia mit Cino am Bahnhof. Wir redeten mit ihr und ich dachte, sie müsse auch auf den Zug. Aber sie war lediglich gekommen, weil sie Naila gesehen hatte und fragen wollte, ob sie Lust habe, auf einen Spaziergang mit Cino zu kommen. Naila wird ihr eine Postkarte schreiben – wie schon im Juni aus München und im August aus Dresden.

Später warteten wir am Gate und plötzlich stand Rahel vor uns. Dani hatte mein FB-Posting gelesen…; sie waren gleich nebenan, wo sie auf den Flug nach Ibiza warteten. Das war lustig – so unerwartet.

Taieb war enttäuscht, dass Yannik nicht dabei, sondern bei seiner Grossmutter war, und ich wünschte Rahel und Dani drei erholsame Tage. Und sende hier und jetzt Grüsse von Mallorca auf Ibiza. Bis bald wieder.

Beim Beginn des Landeanflugs entdeckte Taieb, der am Fenster sass, eine Insel und rief überzeugt: „Lueged, das isch d Insle, wo mir vorher uf em Globus gseh händ und wo sich bewege chann!“ Sooo süss…! 😍

Nach der Ankunft fuhren wir mit dem Bus nach Palma. Von dort ging es weiter nach Colonia. In einem Restaurant assen wir Empanadas mit spanischem Käse und tranken spanischen Wein, bevor es mit dem Taxi nach Cala d’Or weiterging, wo die Kinder ihr kleines Paradies gefunden haben.

Bienvenida, España.

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