Vorgestern, am 22. Juli, dachte ich besonders oft an meine Grossmutter & an den Grossvater meiner Kinder väterlicherseits. Beide verstarben am 22. Juli, meine Grossmutter 1991, mein Schwiegervater 2005. Beide waren wunderbare Menschen.
Und nein, ich würde das nicht schreiben, wenn es nicht so wäre. Ich beschönige nichts. Ich verkläre nichts. Dazu bin ich viel zu realistisch & viel zu ehrlich. Beide waren offen, grosszügig, herzlich & mit sich selbst im Reinen. Das spürte ich damals schon. 2005 natürlich viel mehr als 1991 – 14 Jahre machen in dem Alter (sehr) viel aus.
Das spürte ich damals schon. Aber seit ich (auch) das Gegenteil erlebt habe, ist mir noch viel bewusster geworden, wie wertvoll die Offenheit, die Grosszügigkeit, die Herzlichkeit & das „mit-sich-selbst-im-Reinen-Sein“ sind. Es ist nämlich unendlich & unbeschreiblich wertvoll.
Das Gegenteil bestand darin, dass ich als Mensch nichts zählte, wirklich gar nichts. Ich hätte einzig & allein eine Rolle spielen & eine Funktion erfüllen sollen. Nur das. Abgesehen davon hätte ich rein gar nix zu melden gehabt, hätte ich eine Maschine ohne Bedürfnisse, ohne Wünsche & ohne Gefühle sein sollen. Damit die Welt, die zum Glück nichts davon ahnt, sich weiterhin um das Kind, das nie ein konsequentes „Nein“ gehört, geschweige denn erlebt & ausgehalten, das keinen Anflug von Widerstand je zu spüren bekommen hat, quasi als familiärer Drama-Angel- & Mittelpunkt, als familiäres Drama-Epizentrum dreht & das zwar sorgsam aufgebaute, aber (letztlich) überaus furchtbare Kartenhaus nicht zusammenbricht.
Das Ausschliessen machte ich zuerst mit, ohne gross aufzumucken. Und als ich mich dagegen zu wehren anfing, war ich die Böse. Als ich, nachdem ich Dutzende von offenen, einschliessenden, kreativen & konstruktiven Vorschlägen gemacht hatte, aufgab & mich vor artifiziell persönlichkeitsgestörten Verhaltensweisen endlich distanzieren & schützen wollte, war ich die Böse. Klar… – wer durchschaut das simple, billige, fiese & miese Spiel schon nicht?!?
Und wer mit meiner Ehrlichkeit (komplett) überfordert ist: Das geht mir am A. vorbei. Und zwar so ‘was von. Ich weiss mittlerweile nur allzu gut, worin diese (komplette) Überforderung sich zeigt. Und ärgere mich nicht mehr darüber, sondern amüsiere mich. Die Fake-Blasen tun mir nur noch leid – unendlich & unbeschreiblich leid.
„Die Welt gehört jenen, die die Wahrheit sagen.“ (Mikael Krogerus, Quelle siehe Beitrag von gestern)
In meinem Herzen hat es keinen Platz (mehr) für Fake-Blasen. Dafür ist es umso offener für die aufrichtigen, mutigen, loyalen & starken Menschen. Die wiederum in den Fake-Blasen keinen Platz haben (können & dürfen), da die Systembegründenden alles daran setzen, dass ihre „Zöglinge“ unter ihresgleichen bleiben & sich in dem ganzen maroden Gefüge bekräftigen & unterstützen. Insgeheim freuen sie sich darüber, wenn eine starke & authentische Frau aus ihrem toxischen System gekippt wird; sie war eh nur eine Bedrohung & eine Gefahr – eine grosse sogar. Insgeheim hatten sie ja nur darauf gehofft, darauf gelauert. Das Gesunde aus dem Kranken entfernen & alles so verdrehen, dass das Gesunde krank & das Kranke gesund aussieht.
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Meine Grossmutter & mein Schwiegervater: das pure Gegenteil von all‘ dem.
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Und ja, ich weiss, ich sollte ihnen Texte widmen & über sie schreiben. Wie sie waren & handelten. Und nicht, wovon sie das pure Gegenteil waren. Ich weiss. Ich habe es ja auch schon mehrfach getan & werde es wieder tun, wenn ich so weit bin, wenn ich bereit bin.
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So oder so habe ich immer wieder an sie gedacht. Sie sind für mich auch Vorbilder. Sie leuchten für mich wie Sterne am Himmel. Die ich von zu Hause aus sehe, die ich von Sansibar aus sehe. Die ich auch innerlich sehe & spüre, die mich begleiten, die mich leiten.
Am 22. dachte ich den ganzen Tag an sie; auch sonst denke ich öfters an sie. Sie waren dabei, als wir gestern Abend in einem Restaurant auf dem Indischen Ozean, ähnlich einem (grossen) Wasserbungalow, tanzen gingen. Zu afrikanischer Musik wie zu internationalen Hits, mit Touristen wie mit Einheimischen.
Gerne hätte ich zu jedem Song getanzt – so, wie ich das sonst zu tun pflege. Aber da ich mich aufgrund der (erstmaligen) Herzbeteiligung im letzten Krankheitsschub, das heisst aufgrund der Entzündungen von Herzmuskel, -beutel & -klappen, körperlich nicht (zu sehr) anstrengen darf, liess ich einige Songs aus & tanzte „nur“ zu denen, die mir am besten gefielen. Das tat mir einerseits ein bisschen weh; andererseits war ich dankbar, überhaupt dabei sein & zu immerhin einigen Songs tanzen zu können.
A propos Krankheitsschub & Krankheit: Auf den Beitrag vom letzten Sonntag hin („Ich brenne sie aus“) bekam ich ungewöhnlich viele Reaktionen. Oft bekomme ich so zwischen zwei bis fünf persönliche Nachrichten auf einen Beitrag hin; auf den erwähnten bekam ich über ein Dutzend. Das hat mich gefreut & ich bemühte mich, noch allen vor unserer Abreise zu antworten. Und es „müssen“ auch gar keine Nachrichten sein; mich freuen auch Emojis & ich schätze sie als Reaktion.
Ja, was alle gemerkt haben, stimmt: Es waren gesundheitliche Grenzerfahrungen. Dass ich noch lebe & jetzt auf der wunderschönen Insel Sansibar Sommerferien verbringe, ist alles andere als selbstverständlich. Wenn wir zurückkommen, hab‘ ich nochmals zwei Termine in der Kardiologie-Praxis unserer Wohnstadt, an die ich überwiesen wurde. Wenn es dann besser aussieht, hab‘ ich das Schlimmste überstanden. We‘ll see…
Krankgeschrieben war ich ein halbes Jahr.
Uuuiii – seeehr viel für gesunde Menschen, ich weiss schon. Für meine Krankheit im Allgemeinen sowie für den Verlauf & die Schwere des letzten Krankheitsschubs im Besonderen war es aber wenig. Vielleicht auch zu wenig.
Vielleicht hat es gereicht, vielleicht brauche ich nochmals eine Phase für Regeneration; das kann jetzt (noch) niemand voraussehen & voraussagen. Darum werde ich versuchen, ins Arbeitsleben zurückzukehren. Vielleicht war das halbe Jahre ausreichend, vielleicht auch nicht. We’ll see… Wenig war es angesichts meines Gesundheitszustands sowieso.
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Hier geniessen wir auch tansanischen & südafrikanischen Wein. Der tansanische heisst Serengeti-Wein & erinnert mich an den Song „Africa“ von Toto. Den Chris de Burgh sehr schön gecovert hat; mir gefällt sein Cover sogar besser als das Original. „As sure as Kilimanjaro rises like Olympus above the Serengeti“… Meistens trinken wir am Mittag je ein Glas Weisswein & am Abend je ein Glas Rotwein.
Heute Nachmittag waren wir wieder mit einem traditionellen, sehr einfachen Dhow, wie die typischen Boote von Sansibar eben heissen, unterwegs – direkt von „unserem“ Strand (Kiwengwa) aus bis zum Korallenriff. Dieses Mal sang ich nichts von „seasons in the sun“ & „starfish on the beach“, sondern wir hatten ein Handy dabei, um ein paar Videos zu machen. Daraus wollen wir ein Ferienvideo zu „Sloop John B.“ zusammensetzen. Weil es halt super passt, auch wenn es nicht Nassau, die Hauptstadt der Bahamas, in der Karibik ist.
Aber dorthin möchte ich auch einmal. 😊
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