Mutig

Auf die Minute (um nicht zu sagen auf die Sekunde) pünktlich fuhr er ab, der Zug von Marrakesch zurück nach Casablanca. Das heisst, er fuhr noch weiter bis Fès (wo ich auch schon mindestens dreimal gewesen bin) aber wir stiegen natürlich in Casa aus. Naila soll (nach den fünf Tagen vor unserem Abstecher nach Marrakesch) noch einmal zwei Tage bei & mit ihrer Familie verbringen können.

Salma fliegt, wie bereits erwähnt, am 4. März mit Amine & Jad nach Montreal, eine Woche später dann alleine weiter nach Saskatoon. Mitte Juni, wenn das Schuljahr fertig ist & sie das islamische Opferfest (Eid al-Adha) noch hier gefeiert haben, werden Amine & Jad ihr nachfolgen. Die drei Monate dazwischen stelle ich mir hart vor. Vor allem für Salma. Sehr hart sogar.

Dass ich das, was sie wagt, sehr mutig finde, hab‘ ich auch schon geschrieben. Dass Menschen, die im Ausland gelebt & gearbeitet haben, meist einen (viel) weiteren Erfahrungshorizont haben, dürfte auch klar sein. Und dass dies sich wiederum meist in der Persönlichkeit zeigt, ebenfalls.

Natürlich gibt es Ausnahmen, und zwar in beide Richtungen. Aber es sind eben Ausnahmen. Und bestätigen als solche die Regel.

Wer immer nur in den Komfortzonen verharrt, sei es beruflich, sei es privat, wo er oder sie jaaa niiieee mit den eigenen Abgründen konfrontiert wird, kommt nie weiter. Ist sich selbst sowie den anderen gegenüber (total) unehrlich. Und den eigenen Kindern gegenüber ein schlechtes Vorbild.

Jad kann sich glücklich schätzen, in seiner Mutter ein so starkes Vorbild zu haben. Er ist den ganzen grossen Veränderungen gegenüber denn auch vollkommen positiv eingestellt. Freut sich auf die neue Sprache, die neue Schule, das neue Umfeld & die neuen Herausforderungen. Sehr süss. 😍

Salma hab‘ ich vor unserer Abreise nach Marrakesch einen Gutschein für eine Gesichtsbehandlung im gleichen Studio, wo ich zweimal gewesen bin & morgen nochmals hingehe, geschenkt. Weil sie sich dafür interessiert & sich danach erkundigt hatte. Und bevor wir am Freitagnachmittag mit dem Zug nach Tanger zurückfahren, werde ich ihr nochmals etwas schenken.

Am letzten Freitagnachmittag waren wir noch zusammen im Café Nahla von Ain Diab. Naila wollte unbedingt nochmals die „brochettes de poulet“ essen. Auch sonst ist das Essen dort fein. Und die Aussicht über den langen Strand & den Atlantik wunderschön.

Ich stellte Salma wiederum Fragen, währenddem Naila auf einem Pferd dem Strand entlang ritt. Und sogar galoppierte. Wie früher jeweils… 😀

Was ich vielleicht auch mal noch sagen muss: Salma hatte hier in Casablanca einen sehr guten Job. Sie leitete eine ganze Abteilung einer Produktionsfirma. Das muss man erst mal schaffen… – es ist hier nämlich um einiges schwieriger als in unseren verwöhnten Gesellschaften.

Sie gibt also einen sehr guten Job auf. Auch Amine gibt seinen langjährigen Job in einem Labor auf. Eben: sehr mutig. Raus aus den Komfortzonen…!

Naila & ich hatten es gut in Marrakesch. Im Februar viermal draussen frühstücken zu können, genossen wir sehr. Dabei von (echten!) Pflanzen & Bäumen umgeben zu sein & dem Vogelgezwitscher zuzuhören, machte es noch schöner. Die Spatzen, Finken & anderen Vögel schätzten natürlich, dass ich sie mit Krümeln von meinen Harschas fütterte.

Jeden Morgen also draussen im Innenhof des Red Hotels / Opera Plazas,
jeden Abend auf Jemaâ el Fna.

Vorgestern Abend kaufte ich einem Buben zwei Biscuits ab. Das eine ass Naila, das andere gaben wir einem alten Mann, der nicht nach Geld, sondern nach Essen fragte. Und einer Frau, die übrig gebliebene Oliven einsammelte, gaben wir unsere.

Gestern kaufte ich einem anderen Buben ein Päckli Taschentücher ab & spendierte ihm eine Tüte Frites, die er auf der Bank neben Naila verzehrte. Er redete ein bisschen Arabisch mit ihr & sie verstand ihn, was mich freute. Dann bedankte er sich nochmals & ging weiter.

Sein Vater sei gestorben, hatte er Naila anvertraut. Was leider sehr wohl möglich ist… – das schwere Erdbeben vom letzten Oktober hinterliess kaum eine Familie rund um Marrakesch unversehrt.
Später kam er zurück & ich kaufte ihm auch noch eine Flasche Mineralwasser ab.

Ich schreibe das hier, weil
* erstens der Blog auch mein Tagebuch ist
und weil
* zweitens Lesende, die in ärmere Länder reisen, es mir gleichtun mögen…

Ein paar Fotos von unserer Reise werde ich in einem separaten (Foto-)Beitrag schon noch zeigen. Das mache ich so, da ich als Beitragsbilder bis auf weiteres meine Shooting-Pics verwenden möchte. Und das sind über 30. 😅

Allgemein mach‘ ich nicht mehr viele Fotos, sondern bin am Abbauen & Löschen. Von über 7’000 Fotos seit 2016 hab‘ ich mittlerweile auf 4’000 reduziert. Und ich möchte noch weiter reduzieren.

Irgendwie bringt es nix, tausende um tausende von Fotos zu haben. Man findet im Internet ja von fast jedem Ort wunderschöne Bilder. Als Erinnerungen behalte ich einfach diejenigen mit Menschen drauf, denn die sind tatsächlich einmalig & unersetzbar.

So oder so: Von dieser Reise werde ich wie erwähnt in einem separaten (Foto-)Beitrag auch noch ein paar visuelle Eindrücke veröffentlichen. Ich habe die Reise ja machen wollen, damit Naila die Cousine, zu der sie den engsten Kontakt hat, nochmals in Marokko besuchen kann. Sonst wären wir nämlich zu Hause geblieben & hätten uns unserem Haus-Projekt gewidmet.

Wahrscheinlich gibt es jetzt vorerst mal keine Ferien mehr, bis das meiste über die Bühne ist. Wobei ein Tapetenwechsel mitten im Trubel bisweilen ganz guttun kann… Von daher schliesse ich nichts aus, denke aber eher, dass wir nicht grad wieder verreisen werden.

Übrigens haben wir auch noch ein Video gedreht in Marrakesch. Das hat grösstenteils Spass gemacht – nicht nur uns, sondern auch ein paar Angestellten vom Hotel & ein paar Gästen, die das mitbekamen & ganz angetan wirkten. Das Outfit dazu stammt ebenfalls aus Marokko: Dress aus Casablanca, Hut, Handtäschchen, Ohrringe & Turnschuhe (immer noch post-OP-Stil, aber immerhin farblich passend… 😅) aus der Menara Mall, die wir am Montagmorgen besuchten & wo ich Naila, da sie mir mit dem Video half, ein hübsches Sommerkleid kaufte.

Gestern besuchten wir auf Nailas Wunsch hin den Bahia-Palast. Sie wollte sehen, wie nobel die Sultane einst lebten, und natürlich ein paar Bilder schiessen. Ich war schon mindestens einmal dort gewesen, aber solch‘ eindrucksvolle Architektur kann man sich immer wieder anschauen. Und diesbezüglich inspirieren lass‘ ich mich zur Zeit ja besonders gerne… 😊

 

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